DIE Internet-Zeitung

Dezember 2001

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Spar-Gesundheitspolitik

Apotheker müssen künftig preisgünstige Medikamente verkaufen

Deutsche Apotheker müssen zu einem ärztlich verordneten Medikament künftig immer eine preisgünstige Alternative auswählen. Der Bundestag verabschiedete am Freitag mit rot-grüner Mehrheit das entsprechende Arznei-Sparpaket von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Allerdings muss sich Anfang Februar noch der Bundesrat mit dem Gesetz befassen. Zugleich gab das Parlament in Berlin mit Koalitionsmehrheit dem neuen Vergütungssystem im Krankenhaus seinen Segen. Durch dieses soll die Abrechnung ab 2003 nach konkreten medizinischen Leistungen und nicht mehr nach Liegezeiten erfolgen.

Verstrahlte Bundeswehrsoldaten

"Stern": Skandal weitet sich aus

Der Skandal um die Verstrahlung von Soldaten an Radargeräten in den 50er bis 80er Jahren weitet sich aus. Wie das Hamburger Magazin stern in seiner neuen Ausgabe berichtet, haben bisher schon 2 269 ehemalige oder aktive Soldaten einen Antrag auf Anerkennung von Radarschäden gestellt. Darunter sind auch 844 frühere Angehörige der Nationalen Volksarmee der DDR, die von der Bundesrepublik aufgrund des Einigungsvertrages eine Entschädigung verlangen. 406 Betroffene sind bereits gestorben, meist an Leukämie, Lymphtumoren und Hodenkrebs. In mindestens sechs Fällen besteht der Verdacht, dass Missbildungen bei Kindern durch genetische Schädigungen von Radarsoldaten hervorgerufen worden sind.

Bundeskabinett

Tariftreuegesetz soll öffentliche Auftraggeber binden

Das Bundeskabinett hat am 12. Dezember 2001 den Gesetzentwurf zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen und zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Unternehmer beschlossen. Im Baubereich komme es durch den massiven Einsatz von Niedriglohnkräften zu starken Wettbewerbsverzerrungen, so dass Arbeitsplätze, insbesondere in tarifgebundenen mittelständischen Unternehmen, in hohem Maße gefährdet werden. Im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sei angesichts der bevorstehenden Liberalisierung auf europäischer Ebene eine ähnliche Entwicklung zu befürchten. Auch hier droht ein rigoroser Preiswettbewerb die Qualität der Verkehrsdienst-leistungen und die Sicherheit der Arbeitsplätze zu gefährden.

Atomkraftwerke

Sicherheitskomission unzufrieden mit Kernkraftwerk Leibstadt

Schon im August dieses Jahres stand das Kernkraftwerk Leibstadt(KKL)wegen bedenklicher Ereignisse während der Jahresrevision unter Beobachtung. Die aktuelle Kritik der HSK ist hart: "Die relativ grosse Zahl von Kündigungen erfahrenen Personals weist auf ein Unbehagen im KKL hin, welches sich auf die Sicherheitskultur auswirken dürfte." Dies schrieb HSK-Direktor Wolfgang Jeschki dem KKL Anfang November. "Wir haben das Werk darauf hingewiesen,dass bei weiteren Abgängen der Betrieb eingestellt werden müsste", liess sich HSK-Pressechef Anton Treier dazu gar vernehmen.

Reporter ohne Grenzen

Syrische Journalistenfamilie im Hungerstreik

Reporter ohne Grenzen, internationale Menschenrechtsorganisation zur Verteidigung der Pressefreiheit, fordert den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad in einem Brief auf, dafür zu sorgen, dass die Belästigungen und Drohungen gegen die Familie des Journalisten Nizar Nayyuf aufhören. Seit dem 5. Dezember protestierten drei Brüder des Journalisten mit einem Hungerstreik gegen die ständigen Schikanen durch die syrischen Behörden. Auch Nizar Nayyuf, der sich zurzeit in Paris aufhält, ist aus Solidarität mit seiner Familie in den Hungerstreik getreten.

Tierschutz

Greenpeace setzt mehr Platz für Puten durch

Greenpeace kann den ersten grossen Erfolg gegen Massentierhaltung nach über vier Monaten Kampagne verzeichnen. Deutschlands zweitgrösster Anbieter von Putenfleisch, die Firma Heidemark aus Garrel hat angekündigt, ab 2002 Puten aus deutlich besserer Haltung anzubieten. Heidemark reagiert damit auf eine Greenpeace-Forderung. Die Umweltorganisation fordert Handel und Nahrungsmittelhersteller auf, nur noch Puten anzubieten und zu verarbeiten, die unter diesen tierfreundlichen Bedingungen aufwachsen.

Schreiben an Bundestagsabgeordnete

Atomgesetz-Novelle mißachtet die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

In einem Schreiben vom 10. Dezember 2001 legt die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW den Abgeordneten des Deutschen Bundestages dar, dass ihrer Ansicht nach die Atomgesetz-Novelle die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mißachtet. Der Gesetzgeber dürfe nach dem Urteil den Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke "nicht erlauben".

Demonstration gegen Rechts

Fast 1.000 Demonstranten setzen Zeichen gegen Rechts in Wittstock

Nur wenige Stunden nach einer Kundgebung von etwa 45 Rechtsradikalen in Wittstock haben fast 1.000 Menschen ein Zeichen gegen rechte Gewalt in der brandenburgischen Stadt gesetzt. Zu der Aktion am Samstagabend hatten 27 Organisationen aufgerufen, um zu zeigen, dass Intoleranz und Gewalt in der Region nicht geduldet werden. In Wittstock war es in jüngster Zeit wiederholt zu NPD-Aufmärschen und rechtsradikalen Übergriffen gekommen.

Gesundheit

Malaria-Impfung zeigt in Gambia Wirkung

Forscher der britischen Medical Research Council Laboratories haben einem Impfstoff gegen Malaria ein vielversprechendes Zeugnis ausgestellt. In einer ersten Feldstudie in Gambia stellte sich die Malaria-Impfung bei rund der Hälfte der behandelten Männer als wirksam heraus. Bereits im nächsten Jahr sollen Impf-Studien an Kindern in Mosambik folgen. In Afrika stirbt zurzeit alle 20 Sekunden ein Kind an Malaria, wie die aktuelle Online-Ausgabe von New Scientist berichtet.

Organisationen

VENRO verabschiedet Arbeitsprogramm 2002

Der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen verabschiedete ein Arbeitsprogramm für das kommende Jahr. Dieses sieht unter anderem das Projekt "Perspektive 2015" Armutsbekämpfung braucht Beteiligung" vor. Dieses soll das "Aktionsprogramm 2015" der Bundesregierung aus NRO-Sicht begleiten. Des Weiteren wird aber auch die Wirkung und Qualität der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen diskutiert und weiter entwickelt.

Strahlenschutz

Mobilfunkbetreiber wollen sich selbst verpflichten

Das Bundesumweltministerium und die Mobilfunkanbieter wollen noch in diesem Jahr eine Regelung zur Verbesserung des Strahlenschutzes treffen. Ein Ministeriumssprecher sagte am Freitag in Berlin, Gespräche über eine Selbstverpflichtung der Industrie stünden kurz vor dem Abschluss.

Versicherungen

Krankenkassen genehmigten sich zinslose Kredite

Die finanziell angeschlagenen Krankenkassen haben sich Kredite aus der Pflegeversicherung genehmigt und dafür zum Teil keine Zinsen bezahlt. Dies geht aus einem Prüfbericht des Bundesversicherungsamts hervor, aus dem die Bild-Zeitung zitierte. Dadurch konnten die Kassen offenbar teure Bankkredite vermeiden. BVA-Präsident Rainer Daubenbüchel sprach von über 20 Krankenkassen, die Zinsen nicht erstattet hätten. Der größte Einzelfall sei ein Zinsverlust von 10.000 Mark gewesen.

Mannheimer Landgericht

Hohe Haftstrafen für FlowTex-Betrüger gefordert

Die Hauptverantwortlichen des FlowTex-Skandals sollen nach dem Willen der Ankläger langjährige Freiheitsstrafen absitzen. Die Staatsanwaltschaft forderte am Donnerstag im FlowTex-Prozess vor dem Mannheimer Landgericht Haftstrafen zwischen knapp acht und über zwölf Jahren für die vier Angeklagten. Sie hätten sich unter anderem des Betruges im besonders schweren Fall und des gemeinschaftlichen bandenmäßigen Betruges schuldig gemacht. Der FlowTex-Betrug gilt als größter Fall von Wirtschaftskriminalität in der Geschichte der Bundesrepublik.

Caritas

Psychische Erkrankungen kosten Milliarden

Durch Ausfallzeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen entstehen der Industrie nach Schätzungen der Caritas jährlich Kosten von 4,8 Milliarden Mark. Wie die Vorsitzende des Fachverbands "Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie", Elisabeth Kludas, am Donnerstag in Berlin sagte, leiden 39 Prozent der Bevölkerung an psychischen Beeinträchtigungen und Stresserkrankungen, jeder Siebte benötigt eine allgemeinärztliche und jeder 25. eine fachpsychiatrische Behandlung.

Durchmarsch der Dosen

Deutsche greifen bei Getränken immer öfter zum Einweg

Dosen und andere Einweg-Getränkeverpackungen verdrängen in Deutschland immer mehr die Mehrwegflaschen. Nach einer am Donnerstag in Berlin von Umweltorganisationen und der mittelständischen Getränkewirtschaft vorgestellten Studie ist die Mehrwegquote im laufenden Jahr bis September auf 62,5 Prozent eingebrochen. Die gesetzliche Mehrwegquote mit 72 Prozent ist damit deutlich unterschritten. Der Bundesverbandes mittelständischer Privatbrauereien fordert die Einführung eines Dosenpfands.

EU-Ministertreffen

Asylverfahren unter Mißachtung völkerrechtlicher Standards

Bei dem Treffen der Justiz- und Innenminister der Europäischen Union am Donnerstag und Freitag in Brüssel sollen sogenannte "Leitlinien für künftige Mindeststandards bei den Asylverfahren" beschlossen werden. Nach Angaben von Pro Asyl würden diese Leitlinien die völkerrechtlichen Standards für ein faires Asylverfahren "weit unterschreiten". Im Gegensatz zum ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission wollen die Fachminister beispielweise darauf verzichten, eine persönliche Anhörung der Asylsuchenden durch qualifiziertes Personal verbindlich vorzuschreiben. Ein solcher Rechtsanspruch entspricht aber den Mindestanforderungen des internationalen Flüchtlingsrechts, so Pro Asyl. Jeder Mitgliedstaat könnte nach seiner Facon seine restriktiven Sonderverfahren beibehalten. Die Verabschiedung der Leitlinien erfordert einen einstimmigen Beschluss.

Pro Wildlife

Orang Utans sterben für deutsche Sperrholzplatten

Nach aktuellen Studien sind die Bestände der Orang Utans im vergangenen Jahrzehnt auf die Hälfte zusammengebrochen. Ihre Ausrottung könnte bereits in den nächsten fünf bis 10 Jahren geschehen. Hauptursache ist die Abholzung der Wälder, ihres Lebensraumes, insbesondere in Indonesien. Pro Wildlife weist darauf hin, dass Deutschland eines der bedeutendsten Importländer für Tropenholz-Produkte aus Indonesien ist. In den vergangenen zehn Jahren hätten sich die Holzimporte aus dem Land um über 50 Prozent erhöht. Der Raubbau an den Wäldern wird von deutschen Banken mitfinanziert und mit Hermes-Bürgschaften der Bundesregierung abgesichert, kritisiert Pro Wildlife.

Afghanistan

Zahlreiche Zivilopfer durch US-Bombenangriffe auf Tora Bora

Nach Angaben von "Ärzte ohne Grenzen" wurden im umkämpften Gebiet um Tora Bora im Osten Afghanistans seit dem 1. Dezember mehr als 80 Todesopfer und 50 Verletzte unter der Zivilbevölkerung gezählt. Die internationale Organisation weist darauf hin, dass der "Krieg gegen den Terrorismus" angeblich im Namen der Zivilisation und der Wahrung der humanitären Werte geführt wird. Die Allianz unter US-amerikanischer Führung sei dafür verantwortlich, dass das internationale Völkerrecht geachtet und insbesondere die Verhältnismäßigkeit des Gewalteinsatzes gewahrt werde. Nach Beobachtungen von Ärzte ohne Grenzen vor Ort fordern die Militäroperationen eine inakzeptabel hohe Zahl ziviler Opfer. Die Organisation ruft die Konfliktparteien auf, die Auswirkungen der Auseinandersetzungen für die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten.

Großbritannien

Königin segnet Klonverbot menschlicher Embryonen ab

Elizabeth II. hat das per Eilverfahren beantragte Klonverbot menschlicher Embryonen zu Fortpflanzungszwecken abgesegnet. Bereits vergangene Woche wurde das Gesetz vom britischen Oberhaus gebilligt. Dem zufolge wird reproduktives Klonen mit bis zu zehn Jahren Gefängnis geahndet. Nach wie vor erlaubt ist das so genannte therapeutische Klonen, so ein ABC-Bericht.

Atomwissenschaft

Radon ist gefährlicher als angenommen

Radon sei gefährlicher als bisher angenommen, behaupten Forscher der Columbia University. Sie stellten fest, dass sich Radon-Schäden bestrahlter Zellen auf die benachbarte Umgebung ausdehnen. Es gehe aber um Radonwerte innerhalb des akzeptablen Wertes so Gerhard Randers-Pehrson von der Universität.