Überblick
Der Hintergrund: Am 19. Mai 1999 leitete der damalige Amtsrichter Schill eine Verhandlung, in deren Verlauf es zu schon vorher erwarteten Störungen kam. Schill verhängte gegen zwei Zuschauer je drei Tage Ordnungshaft. Eine Stunde später legte ein Rechtsanwalt Beschwerde dagegen ein. Schill, der zu diesem Zeitpunkt bereits eine andere Verhandlung leitete, wurde sofort darüber informiert. Der heutige Innensenator stritt dies zwar ab. Das aber wurde aus Sicht der jetzt urteilenden 12. Großen Strafkammer "unzweifelhaft widerlegt".
Am 19. Mai 1999 unternahm Schill nichts mehr, um die Haftbeschwerde ordnungsgemäß weiterzuleiten. Am Tag danach kümmerte er sich ebenfalls nicht um die Haftbeschwerde. Erst am 21. Mai 1999, nach einem ausführlichen Gespräch mit Kollegen in der Gerichtskantine, nahm er den Vorgang auf, ergänzte nach eigenen Angaben das Protokoll und brachte die Akte zum Oberlandesgericht, wo dann wegen formaler Fehler sofort die Ordnungshaft gegen die Störer aufgehoben wurde.
Objektiv sei das Verhalten Schills vollkommen falsch gewesen, kritisierte Richter Rabe. Es hätte zur ordnungsgemäßen Vorbereitung einer Verhandlung, zu der Störungen erwartet würden, gehört, sich mit den Regeln für Ordnungsstrafen vertraut zu machen. "Den einschlägigen Kommentar hat jeder Richter auf seinem Schreibtisch, und spätestens nach einer Viertelstunde weiß man Bescheid", betonte Rabe. Es wäre die Pflicht des damaligen Amtsrichters gewesen, die Beschwerden zügig zu bearbeiten und weiterzuleiten. Er habe mit seinem Verhalten das Rechtsmittel der Beschwerde ad absurdum geführt.
Es sei aber zu berücksichtigen, dass Schill seinerzeit wegen öffentlicher Angriffe und Drohungen stark unter persönlichem Druck gestanden habe, schränkte Rabe ein. Zudem sei ihm die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens nicht bewusst gewesen. Er sei wohl davon ausgegangen, dass er - wie bei "normalen" Haftsachen - drei Tage Zeit habe, sich mit der Beschwerde auseinanderzusetzen.
Staatsanwalt Ulf Gerhardt nahm das Urteil an und verzichtete auf weitere Rechtsmittel. In einem ersten Verfahren in der Sache war Schill im Oktober 2000 vom Landgericht wegen Rechtsbeugung zu einer Geldstrafe von 12.000 Mark verurteilt worden. Schill und die Staatsanwaltschaft waren nach dem Urteil in Revision gegangen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig hob im September die Entscheidung der Hamburger Richter auf und verwies das Verfahren zur Neuverhandlung zurück.
Schill-Partei heuert Wahlkampfmanager an
Wahlen 2002
Nach ihrem Beschluss zur Teilnahme an der Bundestagswahl trifft die Hamburger Schill-Partei jetzt organisatorische Vorbereitungen. Zwei Wahlkampf-Manager sind ab sofort für die Partei Rechtsstaatlicher Offensive im Einsatz. Der 38-jährige Dortmunder Diplom-Chemiker Detlef Münch wird für die alten Bundesländer zuständig sein, der 40-jährige Zahnarzt Dirk Weßlau aus Bernau übernimmt die Aufgabe in den fünf neuen Ländern. Beide Männer werden ehrenamtlich arbeiten. Die Schill-Partei hatte erst am Wochenende auf ihrem Bundesparteitag in Hamburg beschlossen, zur Bundestagswahl anzutreten. Die Aufgabe der beiden Manager wird es sein, in allen 16 Bundesländern bis zum 18. Juli Landeslisten aufzustellen, wie Parteigründer Ronald Schill am Donnerstag in Hamburg sagte. Den Anfang macht Nordrhein-Westfalen auf einem Landesparteitag am Samstag. Am 6. Juli folgt Hamburg, am 7. Juli Schleswig-Holstein und zwei Tage später Thüringen. "Fünf bis zehn Prozent sind für uns bundesweit möglich", sagte Münch.
Neben der Organisation des Wahlkampfes sollen Weßlau und Münch eine Programmkommission zusammenstellen, die ein Wahlprogramm für die Schill-Partei erarbeiten soll. Bis zum 18. Juli sollen aus organisatorischen Gründen keine neuen Parteimitglieder mehr aufgenommen werden. So wolle man verhindern, dass ehemalige NPD- oder DVU- Mitglieder "durchrutschen", sagte Schill.
Thematischer Schwerpunkt des Schill-Wahlkampfes wird nach Angaben des Parteichefs die Rücknahme des Zuwanderungsgesetzes sein. "Nur 19 Prozent der Deutschen finden das Gesetz in Ordnung, das bedeutet ein Wählerpotenzial von 81 Prozent für uns", sagte Schill.
Am 27-06-2002
Schill bleibt im Amt
Richter Gnadenlos
Hamburgs Innensenator Ronald Schill bleibt im Amt. Ein Entlassungsantrag der SPD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft erreichte nicht die erforderliche Mehrheit. Für den Antrag der SPD stimmten 57 der 120 Abgeordneten, 63 stimmten dagegen. Schill hatte am vergangenen Donnerstag in der Bundestagsdebatte über die Fluthilfen mit Angriffen gegen die Ausländerpolitik der Bundesregierung für Proteste gesorgt. Auf den Entzug des Wortes reagierte Schill mit dem Vorwurf, es werde "die Verfassung mit den Füßen getreten". Daraufhin war es im Hamburger Senat aus CDU, FDP und Schill-Partei zu einer Koalitionskrise gekommen, die am Dienstag auf einer Senatssitzung beigelegt worden war.
Am 04-09-2002
Schill brachte mehr Straftaten, nicht weniger
7220 Fälle fehlten in Statistik
Die Hamburger Rechts-Koalition ist bei der Verbrechensbekämpfung weit weniger erfolgreich als bisher von ihm selbst angegeben. Die Zahl der polizeilich erfassten Straftaten ging im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entgegen den ursprünglichen Angaben nicht zurück, sondern kletterte um 2,8 Prozent. Aufgrund eines Fehlers bei der Bedienung der Polizeisoftware fehlten in der im Juli vorgelegten Kriminalstatistik für das erste Halbjahr 7220 Straftaten.
Polizeipräsident Udo Nagel sprach von einem "groben Fehler", dessen Ursache Unzulänglichkeit im Umgang mit Technik sei. Vorsatz schloss er aus. Die 7220 Straftaten hätten sich in einem Zwischenspeicher befunden. Mehrere Beamte "aus fast allen Dienststellen, quer durch die Hamburger Polizei" hätten die Daten irrtümlich nicht zur Erfassung freigegeben. Die entsprechende Freigabe-Taste sei erst zum Jahresbeginn eingeführt worden.
Nach den im Juli vom damaligen Innensenator Ronald Schill (Schill-Partei) vorgelegten Zahlen wäre die Kriminalität in der Hansestadt in den ersten sechs Monaten um 2,5 Prozent auf 130 880 Fälle zurückgegangen. Tatsächlich registrierte die Polizei laut Nagel allerdings 138 100 Fälle - 3800 mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Aufklärungsquote, also den Anteil der angezeigten Fälle, bei denen nach Ansicht der Polizei ein Tatverdächtiger ermittelt ist, musste die Polizei um 0,9 Prozentpunkte auf 44,7 Prozent nach unten korrigieren.
"Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Bevölkerung mit einer geschönten Kriminalstatistik hinters Licht geführt werden sollte", kommentierte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Neumann, den Fehler im Law-and-Order-Senat.
Am 19-09-2003