Überblick
- Krankenkassen sollen Spezialnahrung für kranke Kinder nicht mehr bezahlen
- Spargesetz zur Entlastung der Krankenkassen verfassungsgemäß
- Bundesregierung will Kreis der Beitragszahler für Krankenkassen erweitern
- Krankenkassen müssen im Einzelfall auch alternative Therapien bezahlen
- Die geplante "Informationskampagne" der Krankenkassen
- Krankenkassen wollen Beitragssatz 2007 deutlich anheben
- Krankenkasse beklagt teure Krankmeldungen wegen Rückenschmerzen
- TK und IKK direkt planen Fusion zu größter deutscher Krankenkasse
- Krankenkassen fordern höheren Steuerzuschuss
- Das Bundessozialgerichts zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen
In Deutschland verwalten die Krankenkassen die soziale Pflegeversicherung mit.
Daubenbüchel sagte, da nur die betroffenen Kassen überprüft worden seien, könnten sich möglicherweise noch mehr zinslos bedient haben. Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Horst Seehofer sprach von einer Plünderung der Pflegekassen. Das Geld werde für die Kranken und Pflegebedürftigen benötigt und dürfe nicht zur Sanierung der verfehlten Gesundheitspolitik von Rot-Grün herhalten.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt verwies hingegen darauf, dass die Ausleihpraxis seit langem gang und gäbe sei. An die Adresse ihres Vorgängers Seehofer sagte sie, diejenigen, die die Regelung jetzt kritisierten, hätten sie vor Jahren selbst ins Leben gerufen.
Krankenkassen sollen Spezialnahrung für kranke Kinder nicht mehr bezahlen
Sparmaßnahmen
Medizinisch notwendige Spezialnahrung soll von den gesetzlichen Krankenkassen künftig nur noch in Ausnahmefällen bezahlt werden. Darauf läuft eine Veränderung der Arzneimittel-Richtlinie 20.1.i zur Enteralen Ernährung hinaus, die Ärzte und Krankenkassen im Gemeinsamen Bundesausschuss verabschiedet haben. Die Deutsche Interessengemeinschaft PKU und verwandte Stoffwechselstörungen (DIG-PKU) hat daher am Donnerstag in Frankfurt/Main Alarm geschlagen. Betroffen sind Menschen, die eine spezielle Diät mit so genannten Aminosäurenmischungen benötigen, etwa wenn sie an der seltenen Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie (PKU) leiden. Die nun von massiven Erstattungseinschränkungen bedrohten Aminosäurenmischungen sind für die Kranken die einzige Möglichkeit, geistige und körperliche Behinderungen zu vermeiden. Ebenfalls betroffen sind Patienten, die sich wegen einer Krankheit durch normales Essen nicht mehr ausreichend ernähren können und auf Trink- und Sondennahrung angewiesen sind, etwa Krebs-, Morbus Crohn- oder Mukoviszidosekranke.
Kritisch sieht die Organisation die Absicht, durch Änderung der Arzneimittelrichtlinie Aminosäurenmischungen mit Fett von den Krankenkassen nicht mehr bezahlen zu lassen. Diese Einschränkung beträfe zum Beispiel eine lebensnotwendige Spezialnahrung für Säuglinge, die seit vielen Jahren in der PKU-Therapie eingesetzt wird. Diese eiweißmodifizierte Spezialflaschennahrung enthält, wie bei jeder Säuglingsanfangsnahrung generell gesetzlich vorgeschrieben, auch Fett, insbesondere lebensnotwendige ungesättigte langkettige Fettsäuren. Sie ist für die Kinder und deren positive Entwicklung unabdingbar. Darüber hinaus ist die Zufuhr dieser Fettsäuren in jedem Lebensalter notwendig.
All diese Spezialnahrungen verhindern schwere geistige und körperliche Schäden.Nach den bisher bekannt gewordenen Beschlüssen sollen nur Aminosäurenmischungen ohne Fett weiter von den Krankenkassen bezahlt werden und das möglicherweise auch nur, bis die Kinder zehn Jahre alt sind. Dann soll im Einzelfall geprüft werden, ob Aminosäurenmischungen noch notwendig sind oder nicht. Als Widerspruch empfindet die Interessengemeinschaft, dass die Säuglinge einerseits durch ein aufwändiges und teures Neugeborenen-Screening auf diese seltene erbliche Stoffwechselkrankheit untersucht werden, andererseits aber ihnen bei entsprechenden Befunden eine adäquate Behandlung versagt werden soll. Zudem empfehlen führende Experten in der Behandlung von PKU eine lebenslange Diät mit Aminosäurenmischungen.
Daher fordert die Vorsitzende Dr. Eva Denk: "Die geplanten Änderungen müssen noch einmal überprüft werden, sonst bleiben die betroffenen Patienten auf der Strecke." Bundesweit handelt es sich nur um eine sehr kleine Gruppe von Patienten, die diese lebensnotwendige Spezialnahrung benötigen. So wird in Deutschland jährlich bei nur etwa 70 Säuglingen PKU diagnostiziert. Die Ursache der Phenylketonurie liegt in einem Enzymmangel. Er bewirkt, dass die Aminosäure Phenylalanin nicht weiterverarbeitet oder abgebaut werden kann. In hoher Konzentration schädigt sie das Gehirn, so dass bereits Säuglinge in ihrer geistigen und motorischen Entwicklung schwer beeinträchtigt sind. Die bislang einzige Therapie besteht darin, Phenylalanin nur in sehr geringer Konzentration aufzunehmen.
Die Aminosäure ist jedoch in allen tierischen und pflanzlichen Eiweißen enthalten. Eiweiße aus der normalen Nahrung müssen daher durch veränderte ersetzt werden. Dabei helfen die so genannten Aminosäurenmischungen, die ganz auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt sind. Sollte seitens des Gemeinsamen Bundesausschuss keine Änderung erfolgen, müsste das Ministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung die Richtlinie beanstanden. Eine solche Richtlinie darf nicht in Kraft treten, betonte die Organisation.
Am 03-03-2005
Spargesetz zur Entlastung der Krankenkassen verfassungsgemäß
Bundesverfassungsgericht
Das rot-grüne Spargesetz zur Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Karlsruher Richter wiesen einen Normenkontrollantrag der CDU-geführten Länder Baden-Württemberg und Saarland gegen das Beitragssatzsicherungsgesetz ab. Es verstoße nicht gegen die Berufsfreiheit von pharmazeutischen Großhändlern und Apothekern, entschied der Zweite Senat in dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss. Das Gesetz habe entgegen der Kläger-Auffassung auch nicht der Zustimmung des Bundesrates bedurft. Das am 23. Dezember 2002 verabschiedete Gesetz sollte als "Vorschaltgesetz" die Finanzgrundlage der Krankenversicherung und auch der Rentenversicherung bis zu einer grundlegenden Reform stabilisieren. Damit sollten Einsparungen in einem Gesamtvolumen von 2,75 Milliarden Euro erreicht werden.
Zur Senkung der Arzneimittelausgaben wurden höhere Rabatte von Pharmaindustrie, Großhändlern und Apotheken zugunsten der Krankenkassen eingeführt. Es gab zudem Nullrunden für Ärzte, Zahnärzte, Zahntechniker und Krankenhäuser. Außerdem wurde die Versicherungspflicht auf Einkommensgruppen ausgeweitet, in denen bis dahin eine private Krankenversicherung zulässig war.
Aus Sicht der Karlsruher Richter sind die mit diesen Maßnahmen verbundenen Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit "geeignet und erforderlich", um die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zu sichern. "Die Senkung der Arzneimittelpreise und der Vergütungen ärztlicher und zahntechnischer Leistungen können zur Ausgabenbegrenzung der Krankenkassen beitragen", heißt es in dem Grundsatzbeschluss.
Prognosen, wonach Zahntechniker wegen des Gesetzes nicht mehr gewinnbringend arbeiten könnten und mehrere tausend Apotheken wegen Unwirtschaftlichkeit geschlossen werden müssten, hätten sich "nicht bewahrheitet". Die Preisregulierungen und ihre Ausgestaltung seien den Betroffenen auch zuzumuten.
Zwei Richter des Zweiten Senats gaben zwar ein Sondervotum ab, sie tragen aber letztlich die Entscheidung mit. (AZ: 2 BvF 2/03 - Beschluss vom 13. September 2005)
Am 13-10-2005
Bundesregierung will Kreis der Beitragszahler für Krankenkassen erweitern
Krankenkassen-Fusionen
Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung kann nach Ansicht von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt nur sichergestellt werden, wenn der Kreis der Beitragszahler erweitert wird. In der "Financial Times Deutschland" verwies die alte und neue Bundesgesundheitsministerin darauf, dass Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart hätten, den Bundeszuschuss an die Krankenkassen zu streichen. "Wenn ich keine Steuergelder mehr nehmen will, muss ich dafür sorgen, dass alle sich an der Beitragsfinanzierung beteiligen", betonte Schmidt. 2006 fließt zum letzten Mal Geld aus der Tabaksteuer an die Kassen - mehr als vier Milliarden Euro. Schmidt sagte, um die Beiträge auch 2007 stabil zu halten, sei ein Finanzierungskonzept nötig, "bei dem niemand mehr von der Beteiligung an der solidarischen Gesundheitsversorgung ausgenommen ist". Wenn alle zahlten, sei es ihr egal, ob das über Steuern oder über Beiträge gehe. Was nicht passieren dürfe, sei, "dass wir die Leistungen der Versicherten beschneiden".
Schmidt äußerte sich optimistisch, dass Beitragsanhebungen 2006 vermieden werden können. "Wenn Krankenkassen Probleme haben, müssen sie fusionieren oder sehen, wie sie das Geld effizienter ausgeben", sagte sie. Nach der letzten Erhebung gebe es in Deutschland 262 Krankenkassen mit 262 Vorständen, "die alle ziemlich gut bezahlt werden", sagte Schmidt der "Berliner Zeitung".
Die künftige große Koalition wolle Fusionen befördern, indem Zusammenschlüsse auch zwischen verschiedenen Arten von Kassen erlaubt würden. "Wenn wir zwischen 30 und 50 Krankenkassen hätten, gäbe es immer noch eine sehr gute Auswahl und viel Wettbewerb", so Schmidt.
Die Bundesregierung möchte für die gesetzlich Versicherten offenbar auch eine neue Gebührenordnung einführen. "Unser Ziel ist, dass medizinische Leistungen gleich honoriert werden, egal ob sie für einen privat oder einen gesetzlich versicherten Patienten erbracht werden", sagte die Ministerin. "Es ist sehr ungerecht, wenn die gesetzlich Versicherten, die zum Teil auch hohe Beiträge bezahlen, auf eine Behandlung viel länger warten müssen als ein Privatpatient, an dem die Ärzte mehr verdienen."
Schmidt verwies zudem auf die Vereinbarung mit der Union, wonach Leute, die ihren Versicherungsschutz verloren haben, von ihrer früheren Kasse wieder aufgenommen werden müssten. Bereits 2002 habe es etwa 200.000 Menschen ohne Krankenversicherung in Deutschland gegeben. Experten befürchteten, dass sich diese Zahl inzwischen verdoppelt habe.
Betroffen davon sind viele Selbstständige, die sich die Beiträge für ihre private Krankenversicherung nicht mehr leisten können, aber von den gesetzlichen Kassen nicht mehr zurückgenommen werden.
Schmidt sagte, alle Kassen würden nun verpflichtet, diese Patienten zum Standardtarif aufzunehmen. Sie werde per Gesetz außerdem dafür sorgen, dass Ärzte eine Behandlung nicht mehr ablehnen könnten. "Wer zugelassener Arzt ist, soll Menschen zum Standardtarif behandeln müssen", sagte die Ministerin. Dies solle auch für Ärzte gelten, die bisher nur Privatpatienten haben.
Am 17-11-2005
Krankenkassen müssen im Einzelfall auch alternative Therapien bezahlen
Recht auf Leben verletzt
Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen bei lebensbedrohlichen Erkrankungen Leistungen für medizinisch fragwürdige Therapiemethoden unter bestimmten Voraussetzungen nicht verweigern. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Es müsse eine "nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" bestehen. Ein Ausschluss der Leistungen in solchen Fällen verstoße gegen das Grundrecht auf Leben und gegen das Sozialstaatsprinzip, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Grundsatzbeschluss. Die bereits 1998 eingelegte Verfassungsbeschwerde eines heute 18-jährigen Schülers war damit erfolgreich. Er leidet an einer seltenen Muskelerkrankung, der Duchenne'schen Muskeldystrophie (DMD). Seine Krankenkasse hatte sich geweigert, die Kosten einer von der Schulmedizin nicht anerkannten "Bioresonanztherapie" zu übernehmen, da ein Behandlungserfolg wissenschaftlich nicht nachgewiesen sei. Mit seiner dagegen gerichteten Klage war der junge Mann in letzter Instanz vor dem Bundessozialgericht gescheitert.
Die Karlsruher Richter betonten hingegen, dass in der "extremen Situation einer krankheitsbedingten Lebensgefahr" ein Leistungs-Ausschluss nicht mit der Schutzpflicht des Staates für das Leben vereinbar sei. Mit dem System der gesetzlichen Krankenversicherung übernehme der Staat Verantwortung für Leben und körperliche Unversehrtheit der Versicherten. Deshalb gehöre die Vorsorge in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung unter den genannten Voraussetzungen "zum Kernbereich der Leistungspflicht" und zur "Mindestversorgung".
Das Verhalten der Krankenkasse sei auch nicht mit dem Sozialstaatsprinzip vereinbar, betonte der Erste Senat. Denn den Versicherten werde für ihre Beiträge eine "notwendige Krankheitsbehandlung" gesetzlich zugesagt. Die Sozialgerichte müssten jeden konkreten Einzelfall prüfen.
Bislang gibt es keine wissenschaftlich anerkannte Therapie, die eine Heilung oder eine nachhaltige Verzögerung des Verlaufs von DMD bewirkt. Die Lebenserwartung ist stark eingeschränkt.
Die seltene Krankheit tritt nur bei Jungen auf, und zwar mit einer Häufigkeit von 1 zu 3500. Sie zeigt sich schon in den ersten Lebensjahren und schreitet dann fort. Betroffene verlieren normalerweise zwischen dem zehnten und zwölften Lebensjahr die Fähigkeit, zu gehen. Der Kläger, der eine öffentliche Schule besucht, muss seit fünf Jahren im Rollstuhl sitzen.
Erkrankte haben außerdem Schwierigkeiten beim Atmen. DMD äußert sich auch in einer Deformierung der Wirbelsäule, Bewegungseinschränkungen von Gelenken und Herzmuskelerkrankungen. Üblicherweise wird lediglich versucht, die Symptome zu bekämpfen - mit Cortisonpräparaten, Operationen oder Gymnastik.
Der Kläger wird aber seit September 1992 von einem Facharzt für Allgemeinmedizin behandelt, der neben Zytoplasma und homöopathischen Mitteln auch hochfrequente Schwingungen ("Bioresonanztherapie") anwendet. Bis Ende 1994 hatten die Eltern des jungen Mannes dafür bereits 10.000 D-Mark (5112 Euro) aufgewandt. Die Ärzte einer Orthopädischen Uni-Klinik und eine mitbetreuende Ärztin hielten den Krankheitsverlauf für günstig.
(AZ: 1 BvR 347/98 - Beschluss vom 6. Dezember 2005)
Am 16-12-2005
Die geplante "Informationskampagne" der Krankenkassen
Multiplikatoren erreichen
Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen wollen mit einer groß angelegten Kampagne gegen zentrale Eckpunkte der geplanten Gesundheitsreform mobil machen. Das mehr als 20 Seiten lange Konzept der "Informationskampagne" sieht unter anderem Gespräche mit Landesregierungen, Diskussionsveranstaltungen, parlamentarische Abende und eine intensive Medienarbeit vor. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt warnt die Kassen vor einer Zweckentfremdung der Kassenbeiträge. Ab Mitte August sind an "zentralen Orten" Auftaktveranstaltungen geplant. Schwerpunkt der für rund vier Wochen angesetzten Kampagne sind die Länder.
Ziel der Kampagne sei es, "bei wichtigen Entscheidungsträgern, die noch Einfluss auf den weiteren Entscheidungsprozess dieses Gesetzes haben, ein Bewusstsein für die Konsequenzen der Eckpunkte auf der Landesebene zu schaffen". Es müssten "substanzielle Veränderungen der geplanten Reform" erreicht werden.
Konkret vorgesehen sind unter anderem Gespräche mit Landesregierungen, Diskussionsveranstaltungen sowie Vorträge. Nach der Sommerpause sollen parlamentarische Abende für Bundestagsabgeordnete in den jeweiligen Landesvertretungen in Berlin stattfinden. Auch Versicherte und Patienten sollen für die "konsequente Ablehnung" der Vorschläge mobilisiert werden.
Für die Veranstaltungen der Landesverbände sollen Bündnispartner wie Sozial- und Wohlfahrtsverbände sowie Patienten- und Verbraucherorganisationen gewonnen werden. Zweck: In der öffentlichen Wahrnehmung solle "der Eindruck minimiert werden", dass nicht nur "originäre Kasseninteressen" verfolgt würden. Vorformulierte Dankesschreiben an externe Referenten liegen dem Konzept bereits bei.
Geplant ist zudem eine intensive Medienarbeit, um "möglichst viel Multiplikatoren zu erreichen". Durch das Erscheinen von "wichtigen Personen" soll den Veranstaltungen ein "angemessenes öffentliches Gewicht" verliehen werden. Durchgeführt werden sollen zudem "Presseseminare" für Mitglieder der Landespressekonferenzen. Zudem sieht das Konzept die Teilnahme von Kassenvorständen an Talkshows und Radiosendungen vor.
Am 02-08-2006
Krankenkassen wollen Beitragssatz 2007 deutlich anheben
"Kostenlawine" Gesundheitsreform
Die Bevölkerung muss im kommenden Jahr nicht nur eine um 3 Prozent höhere Mehrwertsteuer ertragen. Auch die Beitragssätze zur Krankenversicherung sollen 2007 offenbar deutlich erhöht werden. Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen erklärten am Freitag, angesichts der "Kostenlawine" - womit sie nicht die Entwicklung der Gehälter ihrer leitenden Angestellten meinten - durch die Gesundheitsreform sei eine Beitragserhöhung um 0,7 Prozentpunkte "unumgänglich". Das Gesundheitsministerium warf den Verbänden vor, falsch zu rechnen. Wie am Freitag bekannt wurde, ist aufgrund der Gesundheitsreform der Finanzbedarf der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) für das kommende Jahr angeblich noch nicht geklärt. Der Schätzerkreis von Bundesversicherungsamt und den Spitzenverbänden der Krankenkassen konnte sich am Vortag nicht auf eine abschließende Kostenbewertung einigen. Die Krankenkassen verwenden die Empfehlung des Schätzerkreises zur Festlegung ihrer Beitragssätze. In Krankenkassenkreisen war von einem "Eklat" und "einmaligen Vorgang" die Rede.
Höhere Mathematik: 1,4 Milliarden Euro weniger oder 7 Milliarden Euro mehr?
Im Schätzerkreis gingen die Meinungen über die finanzielle Auswirkungen der Reform weit auseinander. Während das Gesundheitsministerium mit Entlastungen von über 1,4 Milliarden Euro für die Kassen rechnet, befürchten die Krankenkassen Mehrbelastungen von insgesamt knapp sieben Milliarden Euro. Das Bundesversicherungsamt sah sich am Donnerstag den Angaben zufolge zu keiner Kosteneinschätzung imstande.
Nach Angaben der Spitzenverbände führt allein die Mehrwertsteuererhöhung bei Arzneimittel- und Fahrtkosten zu Mehrkosten in Höhe von rund 950 Millionen Euro. Zudem werde den Krankenkassen der Steuerzuschuss für bestimmte Leistungen um 1,7 Milliarden Euro gekürzt.
Der Sprecher im Gesundheitsministerium, Klaus Vater, nannte die Angaben der Verbände "nicht koscher". Diese kämen nur auf höhere Kosten, weil sie falsch rechneten.
Der Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, sagte, "eine Reform, die das Ziel der Beitragsstabilität hat, erst einmal mit einer satten Beitragserhöhung zu beginnen, ist politisch nicht sonderlich klug." Gleichzeitig kritisierte Rürup die Reform selbst, die aufgrund ihrer mangelhaften Ausgestaltung wohl nur bis Ende der Legislaturperiode halten werde. "Dann geht es wieder los."
SPD-Fraktionschef Peter Struck bestätigte das Desaster der von ihm mitverantworteten Politik: "Das Bemühen, eine dauerhafte Reform zu verabschieden, die über zehn Jahre hält, ist leider gescheitert." Struck fügte hinzu: "Das wird dazu führen, dass beide großen Parteien in den nächsten Bundestagswahlkampf mit den gleichen Themen gehen wie in den letzten: die SPD mit der Bürgerversicherung, die CDU mit der Kopfpauschale."
Am 08-12-2006
Krankenkasse beklagt teure Krankmeldungen wegen Rückenschmerzen
23,5 Prozent bei der Barmer
Für die Krankenkasse Barmer sind Rückenschmerzen ein ernsthaftes finanzielles Problem. Mit einem Anteil von 23,5 Prozent waren sie offenbar auch im Vorjahr der häufigste Grund für Krankmeldungen der bei Deutschlands größter Krankenkasse versicherten Beschäftigten. Die durch Muskel- und Skelett-Erkrankungen (MSE) bedingte Ausfallzeit je Betroffenem stieg im Vergleich zu 2006 um zehn Prozent auf 19,7 Tage, wie aus dem am Mittwoch (2. Juli) in Düsseldorf vorgestellten Barmer-Gesundheitsreport hervorgeht. Dessen Zahlen sind den Angaben zufolge weitgehend repräsentativ. Dem Report zufolge führen die durch Rückenerkrankungen bedingten Ausfallzeiten zu jährlichen volkswirtschaftlichen Kosten von 15,5 Milliarden Euro. Hinzu kämen weitere 24 Milliarden Euro an jährlichen Krankheitskosten für die Behandlung. Ein Drittel der MSE-Fälle lasse sich auf arbeitsbedingte Faktoren zurückführen. Dabei spiele vor allem psychischer Stress eine Rolle, denn in der Hälfte aller MSE-bedingten Krankschreibungen lasse sich keine organische Ursache finden, heißt es in dem Report.
"Geistige Arbeit ist von MSE ebenso betroffen wie vorwiegend körperliche Arbeit", sagte Rainer Wieland, Professor für Arbeitspsychologie am Kompetenzzentrum für Fortbildung und Arbeitsgestaltung der Universität Wuppertal und Autor des Reports. Eine der Gesundheit förderliche Unternehmens- und Führungskultur könne daher zusammen mit einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu einer Senkung der MSE-bedingten Ausfallzeiten beitragen.
Vor diesem Hintergrund plädiert die Barmer auch für einen Ausbau der betrieblichen Gesundheitsförderung. Ein wichtiger Schritt dahin sei der Entwurf zum Jahressteuergesetz 2009. Es sieht vor, dass Unternehmen darin bereits von diesem Jahr an 500 Euro je Mitarbeiter steuerfrei in die betriebliche Gesundheitsförderung investieren können. "Damit könnten zum Beispiel Leistungen gefördert werden, die arbeitsbedingten körperlichen Belastungen vorbeugen", sagte die Barmer-Vizevorsitzende Birgit Fischer.
Besserung bei der "Volkskrankheit Nummer eins" kann es dem Report zufolge neben Verbesserungen des beruflichen Umfeldes aber nur geben, wenn die Menschen in ihren Alltag mehr körperliche Bewegung einbauen. "Wir müssen die Menschen zu einem bewegten Lebensstil motivieren", sagte Fischer. Gerade bei Rückenleiden müsse die Vorbeugung schon in jungen Jahren beginnen.
Von MSE betroffen sind vor allem die 45- bis 59-Jährigen. In dieser Altersgruppe sind 60 Prozent der Arbeitsausfälle auf MSE zurückzuführen. Bei den Berufstätigen bis 29 Jahre sind es dagegen nur 5,1 Prozent, bei den 30- bis 44-Jährigen schon 22,5 Prozent. Angesichts der demografischen Entwicklung hin zu einem immer größeren Anteil älterer Menschen werden nach Erwartung der Barmer die Rückenerkrankungen in den nächsten Jahren weiter zunehmen.
Am 02-07-2008
TK und IKK direkt planen Fusion zu größter deutscher Krankenkasse
"Bessere Marktposition"
Die IKK direkt und die Techniker Krankenkasse (TK) wollen fusionieren und damit zu Deutschlands größter Krankenkasse werden. Der Verwaltungsrat der IKK direkt habe dieser Entscheidung am Montag bereits zugestimmt, berichtete die "Bild"-Zeitung. Am 26. September tage der Verwaltungsrat der TK zu dem Thema. Durch die Fusion übernähmen die beiden Versicherungen die Marktführerschaft in der Branche. Bislang ist die Barmer bundesweit die größte gesetzliche Krankenkasse. Die neu entstehende Kasse werde den Namen "TK" tragen, schreibt das Blatt. Unter ihrem Dach seien 7,1 Millionen Menschen versichert. Sprecher beider Kassen bestätigten den Bericht und begründeten den Schritt mit den Veränderungen durch den Gesundheitsfonds. Die Zusammenführung solle bis zum 1. Januar abgeschlossen sein, sagte TK-Sprecherin Dorothee Meusch.
Zu Jahresbeginn soll auch der Gesundheitsfonds starten. Mit dem Fonds werden die unterschiedlichen Beiträge der gesetzlichen Krankenkassen abgeschafft und durch einen einheitlichen Satz für alle Beitragszahler abgelöst. Kommt eine Kasse nicht mit den ihr zugewiesenen Finanzmitteln aus dem Fonds aus, kann sie von ihren Versicherten eine Zusatzprämie erheben.
Die Fusion gebe beiden Kassen eine bessere Marktposition, sagte TK-Chef Norbert Klusen und warb um öffentliche Zustimmung: "Dadurch verbessern wir unsere Chancen, keinen Zusatzbeitrag erheben zu müssen." Auch der Chef der IKK direkt, Ralf Hermes, sagte, seine Kasse habe auf den Einheitsbetrag reagieren müssen.
Am 17-09-2008
Krankenkassen fordern höheren Steuerzuschuss
Ministerium lehnt ab
Angesichts angeblich drohender Milliardendefizite im Gesundheitsfonds fordern Krankenkassen mehr Hilfe vom Staat. Die Kaufmännische Krankenkasse und die Innungskrankenkassen verlangten am Montag (27. April) einen höheren Steuerzuschuss für den Fonds und warnten andernfalls vor Zusatzbeiträgen und Kassen-Pleiten. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) plädierte für eine Haftung des Staates für Finanzlöcher in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Gesundheitsministerium wies diese Forderungen zurück und verteidigte die bisherigen Regelungen des Fonds. Der Bund hat sich bereits verpflichtet, bei Beitragsausfällen im Gesundheitsfonds mit einem zinslosen Darlehen einzuspringen, das ab 2011 zurückgezahlt werden muss. Der Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH), Ingo Kailuweit, forderte, dieses Darlehen in einen Steuerzuschuss umzuwandeln. Zudem sollte die Bundesagentur für Arbeit den Krankenkassen ab 2010 wieder kostendeckende Beiträge für Arbeitslose zahlen. Das Risiko müsse bei der Arbeitslosenversicherung angesiedelt werden, sagte der KKH-Chef. Er warnte vor einem "Flächenbrand" von Zusatzbeiträgen und Kassen-Pleiten, sollte sich die Politik nicht spätestens im Herbst zu solchen Schritten entschließen.
Auch der Chef der Innungskrankenkassen (IKK), Rolf Stuppardt, forderte weitere Steuerzuschüsse. "Ich würde es für schwer erträglich halten, wenn die Bundesregierung zwar der Finanzwirtschaft und den privaten Unternehmen mit milliardenschweren Rettungsschirmen hilft, die Sozialversicherung aber im Regen stehen lassen würde", sagte Stuppardt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mahnte ebenfalls, die Bundesregierung dürfe "nicht tatenlos dabei zusehen", wie Krankenkassen Schuldenberge auftürmten, "von denen sie nie wieder herunterkommen werden". DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach bezeichnete die Darlehens-Regelung als "Damokles-Schwert" für die Krankenkassen und forderte, dies in eine "staatliche Defizithaftung" umzuwandeln.
Bundesregierung: Zusatzbeitrag von Versicherten war gewollt
Der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Klaus Vater, verteidigte die Regelungen des Gesundheitsfonds. "Eigentlich müssten die Krankenkassen dem Kassenheiligen auf Knien danken, dass es einen einheitlichen Beitragssatz gibt", sagte er. Trotz der Wirtschaftskrise gebe der Fonds den Kassen die Möglichkeit, sich "ohne Sorge um die Finanzen" um Patienten kümmern. Dass möglicherweise einige Kassen einen Zusatzbeitrag von ihren Versicherten erheben müssten, sei im Übrigen auch grundsätzlich gewollt gewesen, um den Wettbewerb zu stärken. Andere Kassen könnten dafür ihren Mitgliedern einen Bonus gewähren.
Dem Gesundheitsfonds und den Krankenkassen werden nach "Experteneinschätzung" bis 2010 durch Beitragsausfälle und Mehrausgaben mehrere Milliarden Euro fehlen. Genaue Zahlen sollen am Donnerstag vorliegen. Dann tagt der sogenannte Schätzerkreis aus Fachleuten des Bundesversicherungsamts (BVA), der Kassen und des Gesundheitsministeriums, um die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung zu bewerten.
Am 27-04-2009
Das Bundessozialgerichts zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen
Protonentherapie bei Brustkrebs
Behandlungsmethoden dürfen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen werden, wenn ihre Wirksamkeit noch nicht hinreichend durch Studien belegt ist. Das geht aus einem am Dienstag gefällten Urteil des Bundessozialgerichtes hervor. Die Kasseler bekräftigten gleichzeitig das Recht der Gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen, im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ohne fachliche Einmischung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) über den Leistungskatalog zu entscheiden. "Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschuss darf das BMG nicht aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen beanstanden", betonte der Vorsitzende Richter. Das BMG könne Vorgaben für das Verfahren machen, sei aber auf die Rechtsaufsicht beschränkt. Dem Verfahren zugrunde lag ein Streit über einen Beschluss aus dem Jahre 2004. Der G-BA hatte damals entschieden, die sogenannte Protonentherapie, eine neue Bestrahlungsmethode, dürfe bei Brustkrebs nicht zulasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden. Das Gremium bemängelte, die Wirksamkeit der Methode bei Mammakarzinomen sei nicht hinreichend belegt. Das BMG hatte den Beschluss beanstandet, der damit nicht in Kraft treten konnte. Laut Ministerium hätte der Ausschuss prüfen müssen, ob Erkenntnisse zur herkömmlichen Strahlentherapie auf die neue Methode übertragen werden können. Auch sei nicht berücksichtigt worden, ob die Strahlenbelastung für die Patientinnen bei der neuen Methode geringer sei.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte im Vorgehen des Ministeriums eine Kompetenzüberschreitung gesehen, dagegen geklagt und auch in allen Vorinstanzen Recht bekommen.
"Wir sind angetreten, eine Lanze für den medizinischen Fortschritt zu brechen",erklärte der Rechtsvertreter des Ministeriums vor dem BSG. Auch der Vorsitzende des G-BA, Rainer Hess, betonte: "Fortschritt muss ins System." Das müsse aber auf gesicherten Grundlagen geschehen. Studienergebnisse seien nötig.
Am 06-05-2009