Im Vorschlag der EU-Kommission sei noch vorgesehen gewesen, dass Asylsuchenden Gelegenheit zur persönlichen Anhörung durch einen nach innerstaatlichem Recht qualifizierten Beamten gegeben wird. Um den Zugang zu einem Verfahren sicherzustellen, sollten Grenzbehörden verpflichtet werden, Schutzsuchende an zuständige Asylbehörden weiterzuleiten.
Im Leitlinienentwurf heißt es nun wörtlich: "Es sollte die Möglichkeit einer persönlichen Anhörung erwogen werden...." Das "Personal" benötigt eine "Grundausbildung". Der völkerrechtlich verbindliche Rechtsanspruch sollte demnach auf eine Kann-Bestimmung heruntergestuft werden.
Bei den sogenannten beschleunigten Verfahren sollen laut Pro Asyl Rechtsbehelfe "nicht automatisch aufschiebende Wirkung haben". Dieser zentralen Punkt sei bereits im Kommissionsvorschlag nicht in der nötigen Klarheit geregelt. Den Asylsuchenden werde lediglich das Recht eingeräumt, die Gewährung der aufschiebenden Wirkung in einem gesonderten Verfahren nachzusuchen. Solange über diesen Antrag nicht entschieden sei, dürfe grundsätzlich keine Abschiebung durchgeführt werden. Grundlage für ein faires Asylverfahren ist nach Auffassung von PRO ASYL, dass in jedem Fall während des Überprüfungsverfahrens das Aufenthaltsrecht des Asylsuchenden gewährleistet werden muss.
Werden diese Leitlinien in Brüssel beschlossen, dann verabschieden sich die Fachminister nach Auffassung von Pro Asyl von den zentralen Grundsätzen des Flüchtlingsvölkerrechts. Kürzer und ehrlicher könnten die Leitlinien nach Auffassung der Menschenrechtsorganisation folgendermaßen aussehen: "Wir wollen auch in Zukunft irgendwie Flüchtlingsschutz gewähren, aber möglichst nicht bei uns."