„Grundlage für eine Lösung des Nahost-Konflikts kann nur ein Ende der israelischen Besatzung und die Gründung eines lebensfähigen palästinensischen Staates sein. Klar ist dabei, dass der Staat Israel gesicherte Grenzen braucht“, urteilt Konrad von Bonin, Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED). „Ohne eine Lösung dieses Konflikts wird es schwer sein, die aktuelle Weltkrise auf Dauer zu bewältigen. Denn das Fortbestehen des Nahost-Konflikts stellt ein enormes Mobilisierungspotenzial für gewalttätige Aktionen in der gesamten Region dar“.
Alle palästinensischen Partnerorganisationen bekräftigen die dringende Bitte, internationale Beobachter zu entsenden. Die israelischen Friedens- und Menschenrechtsorganisationen berichten von zunehmender Isolation in der israelischen Gesellschaft. “Wir erhalten Drohbriefe aus der israelischen Bevölkerung für unsere Arbeit zum Schutz der Menschen- und Freiheitsrechte“, äußert sich besorgt Yael Stein, Mitarbeiterin der israelischen Menschenrechtsorganisation B´Tselem.
„Die ständige Erniedrigung der palästinensischen Bevölkerung durch die israelischen Besatzungskräfte wirkt zersetzend auf demokratische Strömungen in den palästinensischen Gebieten.“ schildert von Bonin seine Eindrücke der jüngsten APRODEV-Delegationsreise. Alle Partnerorganisationen zeichnen ein düsteres Bild der Situation, wie sie es seit Jahren nicht erlebt haben. Wer Geld oder eine gute Ausbildung besitzt, wandert ab. Die Bildungsschicht wird ausgedünnt, die kulturelle Vielfalt schwindet mit der wachsenden Perspektivlosigkeit, viele der Christen in Palästina verlassen das Land. “Die soziale und wirtschaftliche Situation der Menschen in den Flüchtlingslagern ist verheerend, Organisationen wie Hamas erhalten immer mehr Zulauf und wenn die israelische Besatzungspolitik so weitergeht, sind wir als Organisationen mit demokratischen Prinzipien dagegen fast machtlos“, sagt Ismail Daiq, Direktor der palästinensischen Landwirtschaftsorganisation PARC.
Der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) und Brot für die Welt unterstützen in der Region Programme zur Gesundheitsvorsorge, Grund- und Berufsbildung, Landwirtschaft und Wasserversorgung sowie Programme zur Stärkung des Rechtssystems, der Frauenrechte, Demokratie und Zivilgesellschaft. Die beiden Hilfswerke unterstützen einheimische Organisationen bei Maßnahmen zur Armutsbekämpfung, und dem Aufbau von zivilgesellschaftlichen Strukturen, durch Gemeinwesenentwicklung auf Dorfebene, Rechtsberatung und Medienerziehung, um einen Beitrag zur Förderung des Friedens in der Region zu leisten. Ein besonderer Schwerpunkt der Hilfswerke wird zukünftig auf einer einheitlichen Strategie für verstärkte Lobby- und Advocacy-Aktivitäten auf europäischer Ebene liegen.
„Die Völkergemeinschaft einschließlich der Europäischen Union trägt einen Teil der Schuld am Scheitern des Osloer Friedensprozesses,“ stellt Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin von „Brot für die Welt“, fest. „Sie gestattete Israel mit der Siedlungspolitik fortzufahren und hat es versäumt, bei beiden Konfliktparteien auf die Einhaltung der völkerrechtlichen Menschenrechtskonventionen zu bestehen.“ Bei allen weiteren Verhandlungen müssten die völkerrechtlichen Bestimmungen, UN-Resolutionen und Menschenrechtskonventionen beachtet und umgesetzt sowie angemessene Bedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung Palästinas geschaffen werden. Hier könne die EU als Wertegemeinschaft und wichtigster Wirtschaftspartner der Region eine zentrale Rolle spielen.
Das Länderstrategie-Papier „Israel-Palästina“ wurde erarbeitet von den sechs kirchlichen Hilfswerken Dan Church Aid (Dänemark), Christian Aid (Großbritannien), ICCO (Niederlande), Church of Sweden Aid (Schweden), Brot für die Welt und dem Evangelischen Entwicklungsdienst (Deutschland).