"Wir gehen am Freitag durchs Fegefeuer", machte SPD-Fraktionsvize Gernot Erler die anhaltende Brisanz deutlich. Erler zufolge gibt es bei der SPD "einen oder zwei Abgeordnete", die noch nicht ganz sicher seien, wie sie am Freitag abstimmen werden. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering berichtete, er wisse von einem SPD-Abgeordneten, der seinen "Rücktritt nahegelegt" habe. Bei den Grünen bekräftigten Winfried Hermann und Christian Simmert ihre ablehnende Haltung.
Schröder braucht für den Bundeswehrantrag lediglich die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Für die Vertrauensfrage ist allerdings die Kanzlermehrheit von 334 der 666 Stimmen nötig. Rot-Grün hat zusammen 341 Stimmen. Bei mehr als sieben Nein-Stimmen aus dem rot-grünen Lager wäre die Regierung gescheitert. In diesem Fall würde es im Februar Neuwahlen geben, sagte Erler. Für die Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel stünde dann sogar die Existenz ihrer Partei auf dem Spiel.
Müntefering äußerte sich aber zuversichtlich, dass die Abstimmung am Freitag für Rot-Grün erfolgreich verläuft. Auch Grünen-Parteichefin Claudia Roth sieht vor dem Hintergrund der veränderten Lage in Afghanistan gestiegene Chancen für eine Bestätigung der Regierung. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt verwies darauf, dass die Alternativen zu Rot-Grün "noch viel schlimmer" wären als die Krise, in der sich die Koalition jetzt befindet. "Es sind die Alternativen, die uns abschrecken müssen", betonte Schmidt.
Union und FDP gehen davon aus, dass der Kanzler die Vertrauensfrage gewinnt. Zugleich bekräftigten sie, dass sie dem Bundeswehreinsatz zwar zustimmen, der Regierung aber nicht das Vertrauen aussprechen wollen. Ihr Ja zum Einsatz der Bundeswehr wollen Union und FDP durch eigene Entschließungsanträge deutlich machen.
CDU-Chefin Angela Merkel erwartet, dass Schröder das Vertrauen erhält, sähe den Kanzler dadurch aber nicht gestärkt. CSU-Chef Edmund Stoiber ergänzte: "Diese Abstimmung wird die Bundesregierung bestehen." FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt sagte, die Grünen würden einen "Knatsch mit Regierungsbeteiligung" dem "Knatsch ohne Regierungsbeteiligung" vorziehen. FDP-Chef Guido Westerwelle betonte, im Fall von Neuwahlen müsste sich die FDP "gerade freuen".