DIE Internet-Zeitung
Evangelische Kirche - "Wirtschaftliche Ungerechtigkeit gibt Terroristen Nahrung"

Terrorgruppen - Terrorabwehr - Terrorbekämpfung

Am

Bei der 9. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ab Sonntag im bayerischen Amberg sollen Umrisse einer gerechten Weltwirtschaftsordnung aus kirchlicher Sicht entworfen werden. Im Prozess der Globalisierung dürfe die soziale Gerechtigkeit nicht ins Hintertreffen geraten, sagte der Ratsvorsitzende der EKD, Präses Manfred Kock. Viele Unternehmen agierten aus Kostenerwägungen dort, wo sie die geringsten Einschränkungen durch Umwelt- und Sozialbestimmungen erwarteten. Auch globale Unternehmen hätten aber eine Verantwortung für die Welt. Die beiden großen Kirchen seien sich in dieser Haltung einig, wie in dem gemeinsamen Wort "Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit" von 1997 deutlich geworden sei.


Auch die Konfliktherde, die hinter den Terroranschlägen vom 11. September stehen, fänden in wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten Nahrung, sagte Kock. Dies reiche aber als Erklärung nicht aus. Diejenigen, die den Terror steuern, seien nicht arm. Die Terroranschläge seien auch in der Bosheit und Sündhaftigkeit des Menschen begründet. Sie hätten aber besonders in denjenigen Teilen der arabischen Bevölkerung Beifall gefunden, die sich politisch und wirtschaftlich benachteiligt fühlten.

Ein wichtiges Thema seines Berichts an die EKD-Synode sei der Dialog mit dem Islam, kündigte Kock an. In vielen Kirchengemeinden und Kirchenkreisen gebe es bereits seit langem Islambeauftragte. Zu einem offenen und kritischen Dialog mit den in Deutschland lebenden Moslems gebe es keine Alternative.

Vorwürfe an die Adresse der Kirche, sie sei im Dialog naiv gewesen, zeugten daher von Unkenntnis oder würden wider besseres Wissen erhoben. Für Moslems, die jetzt nach den Terroranschlägen angefeindet würden, müsse die Kirche einstehen, sagte Kock. Der Islam dürfe keinesfalls für den Terror pauschal haftbar gemacht werden, wie das einige Ausländerfeinde täten. "Wir müssen aufpassen, dass wir mit solchen Angriffen nicht Gegenhass bei den Muslimen erzeugen", warnte Kock.

Am 02-11-2001

Bundestag kippt Religionsprivileg im Vereinsgesetz

Terrorismusbekämpfung?

Das Religionsprivileg im Vereinsrecht wird abgeschafft. Einen entsprechende Gesetzesänderung beschloss der Bundestag am Freitag mit breiter Mehrheit in Berlin. Damit folgte das Parlament einer Vorlage des Bundeskabinetts, das sich am 19. September gegen das Religionsprivileg entschieden hatte, um radikale islamistische Vereinigungen leichter verbieten zu können.

Bislang sind solche Gruppen dann geschützt, wenn sie sich selbst als Religionsgemeinschaft bezeichnen. Für Innenminister Otto Schily (SPD) geht es nicht um die Einschränkung der Religionsfreiheit, sondern darum, terroristischen Vereinigungen keinen "Tarnmantel" mehr zu bieten. In der Debatte wies die Parlamentarische Innen-Staatssekretärin Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD) darauf hin, dass sich religiös motivierter Fundamentalismus gern unter dem Schutz des Religionsprivilegs organisiere. Dieses Privileg könne aber "kein Freibrief sein für Verfassungsbruch oder Mord".

Der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl sagte, der Umgang mit Andersgläubigen bestimme sich nach dem "sittlichen Bewusstsein unserer Rechtsgemeinschaft". Das Grundgesetz sei nicht verhandelbar. Wer in Deutschland leben möchte, habe sich "an unserer Leitkultur" zu orientieren. Wegen einer falsch verstandenen Liberalität sei Deutschland zum Ruheraum für Terroristen geworden. Dem widersprach der FDP-Abgeordnete Max Stadler nachdrücklich.

Grünen-Innenexperte Cem Özdemir betonte, Terrorismus habe weder eine Nation, noch eine Religion. Auch die muslimischen Organisationen in Deutschland hätten sich für eine Abschaffung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz ausgesprochen.

Die PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke befürchtete indes, dass mit dieser Einschränkung des Vereinsrechts viel weiter gehende Verbotsverfügungen erlassen würden, die nicht nur mutmaßliche terroristische Vereinigungen treffe.

Dieser Sorge widersprach Sonntag-Wolgast. Für Vereinsverbote gälten die gleichen hohen Hürden wie für Parteiverbote.

Am 09-11-2001

BKA-Chef gibt Entwarnung für Deutschland

Terrorgefahr

Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Ulrich Kersten, warnt nach den Terroranschlägen in den USA vor "Angst, Hysterie und Panik" in Deutschland. Die Sicherheitsbehörden in der Bundesrepublik hätten derzeit keine Anhaltspunkte für mögliche Anschläge islamistischer Terroristen oder über einen Einsatz von biologischen und chemischen Kampfstoffen, sagte Kersten am Mittwoch vor 500 in- und ausländischen Experten auf einer BKA-Fachtagung zum islamistischen Terrorismus. Obwohl aktuelle Hinweise fehlten, müssten Polizei und Geheimdienste ständig von einer "realen Gefährdung" der amerikanischen, britischen und jüdischen Einrichtungen in Deutschland ausgehen.

Kersten verwies darauf, dass seit dem 11. September im BKA die Sonderkommission USA eingerichtet sei. Die 600 Mitarbeiter arbeiteten rund um die Uhr und in enger Kooperation mit der US-Polizeibehörde FBI. Er wies nachdrücklich zurück, dass es bei der Zusammenarbeit mit den derzeit 14 in Deutschland eingesetzten FBI-Kollegen Probleme gebe. Diese Kooperation sei professionell.

Kersten forderte zugleich einen engere Kooperation zwischen BKA und deutschen Nachrichtendiensten. Eine im Frühjahr eingerichtete Arbeitsgruppe von BKA, Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst zum Informationsaustausch widerspreche nicht dem gesetzlichen Trennungsgebot, sagte er. Zur Optimierung der Ermittlungen sei die Weitergabe von Erkenntnissen angesichts der jetzigen Gefährdungslage "unbedingt notwendig", um schneller Informationen zu eine konkreten Tatbestand komprimieren zu können. "In der jetzigen Situationen kann an sich nicht erst an die Nachrichtendienste wenden, wenn der Polizei beispielsweise Erkenntnisse zu bestimmten Personen vorliegen", fügte der BKA-Chef hinzu.

Am 14-11-2001

16 Menschenrechtsorganisationen verurteilen Einschränkung der Bürgerrechte

Terrorabwehr

Nach Ansicht der Unterzeichner ist weltweit ein Abbau der Menschen- und Bürgerrechte sowie eine Schwächung des Völkerrechts zu beobachten. Die Reaktionen der weltweiten „Allianz gegen den Terror“ hätten in vielen Mitgliedsländern dieser Allianz zu einer bedrohlichen Einschränkung von Menschen- und Bürgerrechten geführt. Die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger in diesen Länder stünden auf dem Spiel.

Als Beispiel sind die in Großbritannien geführte Diskussion zum Austritt aus den Verpflichtungen der Europäischen Menschenrechts- konvention (EMRK) genannt, die von der Bundesregierung im Rahmen des Terrorbekämpfungsgesetzes geplanten asyl- und ausländerrechtlichen Verschärfungen sowie die weitreichenden Maßnahmen im Rahmen der Datenerhebung und Speicherung durch Bundeskriminalamt und Verfassungsschutzämter und die Änderungen der Passgesetze.

Die Menschenrechtsorganisationen warnen vor den weitreichenden Folgen dieser Einschränkungen von Menschen- und Bürgerrechten für alle Länder gleichermaßen. Auch international bedeuteten viele Maßnahmen der Allianz gegen den Terror eine Verschlechterung des Menschenrechtsschutzes. Im Rahmen dieser „Allianz gegen den Terror“ verbündeten sich so heterogene Partnerstaaten, wie Russland, China, die Vereinigten Staaten, aber auch die Bundesrepublik Deutschland und Pakistan. In vielen Ländern dieses Zweckbündnisses werden Menschenrechte mit Füßen getreten. Es sei zu befürchten, dass durch diese „unheilige Allianz“ es immer weniger möglich werde, die in diesen Staaten geschehenden schweren Menschenrechtsverletzungen anzuklagen und zwischenstaatlich auf eine Beendigung dieser Menschenrechtsverletzungen zu drängen. Die Aussagen von Bundeskanzler Schröder bezüglich Tschetschenien und sein Schweigen in China gäben Anlaß zu großer Sorge.

Durch die kriegerischen Maßnahmen gegen Afghanistan wurden von den USA und ihren Verbündeten schwere Menschenrechtsverletzungen bewusst in Kauf genommen. So wurden durch die Bombardierung der USA, zum Teil mit Streubomben, die Menschenrechte der Zivilbevölkerung des Landes, wie z.B. das Recht auf Leben, Nahrung und Sicherheit schwer verletzt. Die Racheakte der von den USA unterstützten Nordallianz und anderer Gruppierungen bedeuten eine weitere schwere Verletzung von Menschenrechten.

Es ist äußerst zweifelhaft, ob der Einsatz von Militär durch die USA und ihren Bündnispartnern durch das Völkerrecht gedeckt ist. Statt das brüchige Völkerrecht fortzuentwickeln, das auf der Ächtung des Krieges basiert, stellt die Rückkehr zum Krieg einen schweren Rückschritt für die zukünftige Entwicklung der Vereinten Nationen dar. Bisher ist nicht absehbar, dass sich insbesondere die USA als Hauptträger dieser Militäraktion bereit erklären, in Zukunft ihre Handlungen an den Maßgaben des Völkerstrafrechtes und den Statuten des Internationalen Strafgerichtshofes messen zu lassen.

Unterzeichner:

agisra, Aktion Courage, Aktionsgemeinschaft Dienst für Frieden e.V., amnesty international, Deutscher Frauenrat, Gemeinschaft für Menschenrechte im Freistaat Sachsen, Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde, Gustav Heinemann-Initiative, Humanistische Union, medica mondiale, missio Aachen, Missionszentrale der Franziskaner, Nürnberger Menschenrechtszentrum, PRO ASYL, Solwodi e.V., World University Service

Am 23-11-2001

ABC-Abwehrkräfte der Bundeswehr fliegen nach Kuweit

Terrorbekämpfung

Die Bundeswehr verlegt jetzt ABC-Abwehrkräfte auf die Arabische Halbinsel. Die 250 Soldaten wurden in ihrem Standort im westfälischen Höxter am Mittwoch vom Kommandeur der 7. Panzerdivision, Generalmajor Jürgen Ruwe, und vom Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, Staatssekretär Georg-Wilhelm Adamowitsch, verabschiedet. Ihr Abflug ist für die nächsten Tage vorgesehen.

Die Einheit soll nach Presseberichten in Kuwait mit amerikanischen Spezialeinheiten eine Übung zur Aufklärung von atomaren, biologischen und chemischen Verseuchungen absolvieren. 70 Fahrzeuge der Bundeswehr, darunter zehn ABC-Spürpanzer des Typs "Fuchs", sind auf dem Seeweg unterwegs zur arabischen Halbinsel. Das Bundesverteidigungsministerium wollte keinerlei genaue Angaben machen.

Die USA unterhalten seit dem Golfkrieg von 1991 gegen den irakischen Präsidenten Saddam Hussein in Kuwait einen Stützpunkt. Die deutschen ABC-Kräfte nehmen an der Katastrophenschutzübung laut Absprache mit den Amerikanern und dem Beschluss des Bundestages vom 16. November vergangenen Jahres im Rahmen der Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" teil.

Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) hatte auf die Frage, ob der Einsatz der Spezialkräfte der Bundeswehr auf der arabischen Halbinsel mit einem möglichen Vorgehen der USA gegen den Diktator Hussein zusammenhänge, geantwortet: "Nein". Er hatte aber auch erklärt, die Übung sei "Vorbereitung für den nicht absehbaren, aber auch nicht ausschließbaren Fall, dass es unter Nutzung biologischer oder chemischer Waffen zur Bedrohung der Bevölkerung kommen könnte". Es sollte Vorsorge gegen terroristische Angriffe getroffen werden.

Nach der Übung, die bis Anfang März dauern soll, werde der Großteil der Soldaten nach Deutschland zurückkehren und in einen "hohen Bereitschaftszustand" versetzt. Das Gerät und ein Kontingent von 50 Soldaten bleiben auf der arabischen Halbinsel. Der Spürpanzer "Fuchs" ist ein einzigartiges rollendes Labor, das in Sekundenschnelle atomare, biologische und chemische Kampfstoffe nachweisen kann. Der Irak steht im Verdacht, über solche Massenvernichtungswaffen zu verfügen.

Am 06-02-2002

Ostermarsch-Organisatoren rechnen mit großer Beteiligung

Gegen Krieg und Terror

In rund 40 Städten finden an den Osterfeiertagen bundesweit wieder Ostermärsche gegen Krieg und Terror sowie für Frieden statt. In diesem Jahr rechnen die Organisatoren wegen des militärischen Einsatzes in Afghanistan und der Kriegspläne der USA mit mehr Zulauf als in den vergangenen Jahren. "Die Menschen müssen gerade jetzt auf die Straße gehen und ein deutliches Signal gegen die allgegenwärtige Kriegspolitik setzen", fordert Kai-Uwe Dosch, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) zur Teilnahme an den diesjährigen Ostermärschen auf. "Deutsche Soldaten stehen in Afghanistan, Kuwait, Kenia und Dschibouti; die Gefahr eines Atomkrieges wächst erheblich aufgrund der geplanten neuen US-Atomstrategie; US-Präsident Bush will den sogenannten Krieg gegen den Terror auf weitere Staaten ausweiten", beschreibt Dosch die derzeitige Situation.

Am Karfreitag startet eine dreitägige Fahrradtour für den Frieden in Leipzig. Sie führt über Pirna nach Sebnitz. Die Städte zwischen Rhein und Ruhr veranstalten ab Ostersamstag gemeinsam einen "Ostermarsch Rhein-Ruhr". Die erste Etappe verläuft von Duisburg bis Düsseldorf, die zweite Etappe auf dem Fahrrad soll am nächsten Tag von Essen über Herne nach Bochum führen. Von dort aus geht es am Ostermontag nach Dortmund.

Unter dem Motto "Stoppt die Spirale der Gewalt" treffen sich die Baden-Württemberger am Samstagvormittag in Stuttgart zu einer Demonstration. Das Münchner Friedensbündnis startet seine Aktionen mit einem Gottesdienst, es folgt eine Demonstration gegen Krieg als Mittel gegen den Terror und für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung. Ostermärsche und andere Veranstaltungen finden am Samstag unter anderem in Braunschweig, Hannover, Mainz, Münster und Saarbrücken statt.

Gegen die militärische Nutzung der Brandenburger Kyritz-Ruppiner Heide und der Colbitz-Letzlinger Heide in Sachsen-Anhalt protestieren am Ostersonntag Menschen in Fretzdorf (Brandenburg) und in Gardelegen (Sachsen-Anhalt). Diese Ostermärsche hatten in den vergangenen Jahren besonders großen Zulauf.

Am Ostermontag wollen in Berlin Demonstranten ab 13.00 Uhr mit verschiedenen Aktionen gegen die US-Militärpolitik protestieren. Die Abschlussveranstaltung wird am Nachmittag am Pariser Platz stattfinden. In Frankfurt am Main führt ein Protestzug von Rödelheim zum Rathaus. In Hamburg beginnt der Ostermarsch mit einer Friedensandacht in der Gnadenkirche.

Am 27-03-2002

Terroristenprozess findet in Frankfurt statt

BGH

Der Prozess gegen fünf in Frankfurt am Main festgenommene mutmaßliche Al-Qaida-Terroristen wird wie geplant in der Mainmetropole stattfinden. Der Bundesgerichtshof wies einen Antrag von Richtern und Staatsanwälten am Frankfurter Landgericht zurück, den Prozess aus Sicherheitsgründen zu verlegen. Diese befürchten, dass der in der Innenstadt gelegene Justiz-Komplex gegen einen Anschlag von Komplizen der Angeklagten nicht ausreichend geschützt werden kann. Als Alternative galt der Hochsicherheitstrakt in Stuttgart-Stammheim.

Der Bundesgerichtshof sah keinen Grund für eine Übertragung an ein anderes Oberlandesgericht. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Justiz- und Sicherheitsbehörden des Landes Hessen nicht in der Lage wären, den geltend gemachten Gefahren für die öffentliche Sicherheit bei einer Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt zu begegnen. Notfalls könne die Verhandlung in ein besonders gesichertes Areal oder Gebäude verlegt werden, hieß es in dem in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss.

Den fünf Algeriern wird vorgeworfen, im Jahr 2000 einen Sprengstoffanschlag auf den Straßburger Weihnachtsmarkt geplant haben. Die Anklage von Generalbundesanwalt Kay Nehm lautet auf Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, bei vier von ihnen auf Verabredung zu einem Verbrechen. Alle fünf "Mudjahedin" sollen in afghanischen Ausbildungslagern geschult worden sein.

Am 04-04-2002

Durchsuchungsaktion gegen Terrorbewegung "Al Tawhid"

Fahndung

Die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe hat in mehreren Städten Deutschlands Wohnungen und Objekte von elf mutmaßlichen Mitgliedern der sunnitisch-palästinensischen Terrorbewegung "Al Tawhid" durchsuchen lassen. Die Aktion des Bundeskriminalamtes in insgesamt 19 Objekten in Essen, Düsseldorf, Krefeld, Berlin, München, Hamburg, Nürnberg und anderen Städten hätten früh morgens begonnen, teilte der Generalbundesanwalt mit.

Die Verdächtigen seien polizeilich überprüft und vernommen worden. Es wurden mehrere Computer, Disketten, Fälschungsutensilien, gefälschte Pässe und schriftliche Unterlagen beschlagnahmt. Laut Bundeskriminalamt standen die Durchsuchungen in keinem Zusammenhang mit dem Anschlag auf Djerba.

Die mutmaßliche terroristische Zelle hatte sich nach Erkenntnissen der Ermittler um den 36-jährigen Palästinenser Yaser H. aus Essen gebildet. Er ordnet sich den Angaben zufolge selbst der ideologisch-religiös ausgerichteten Bewegung "Al Tawhid" zu, die auf der Grundlage eines aggressiv-militanten islamistischen Fundamentalismus den weltweiten "Jihad" fördere. Die in Deutschland agierende Zelle ist nach Erkenntnissen der Ermittler in ein internationales konspiratives Netz eingebunden, das unter anderem die logistische und finanzielle Unterstützung sichere.

Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass die Zelle mit der Planung von Anschlägen in Deutschland begonnen habe. Bisher sei sie jedoch überwiegend mit der Fälschung von Pässen sowie Spendensammlungen und Schleusungen so genannter Kämpfer befasst gewesen. Yaser H. gehöre zu den führenden Köpfen der deutschen Zelle. Er unterhalte vielfältige Beziehungen zu Kontaktleuten in ganz Deutschland.

Am 23-04-2002

Anti-Terror-Gesetze aus Sicht des Datenschutzes "ausgereizt"

Erfolgskontrolle bei Telefon-Überwachung dringend nötig

Zur Abwehr terroristischer Gewalt sind nach Ansicht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Joachim Jacob, keine weiteren staatlichen Eingriffsbefugnisse in Persönlichkeitsrechte erforderlich. Mit den nach dem 11. September verabschiedeten Anti-Terror-Gesetzen sei der Gesetzgeber einen vernünftigen Weg zwischen dem nachvollziehbaren Sicherheitsinteresse des Staates und den schutzwürdigen Freiheitsrechten des Einzelnen gegangen, sagte Jacob der Nachrichtenagentur ddp. In Deutschland sei die bestehende Gesetzeslage nun "weitgehend ausgereizt". Bevor über Änderungen am bestehenden Instrumentarium diskutiert werden könne, sollten die gesammelten Erfahrungen gründlich ausgewertet werden. Zudem müsse bei der Telefonüberwachung endlich eine Erfolgskontrolle eingeführt werden.

Am Donnerstag und Freitag kommen die europäischen Datenschutzbeauftragten in Bonn zusammen, um unter anderem über die Auswirkungen neuer Sicherheitsgesetze nach dem 11. September zu diskutieren.

Als beachtlichen Erfolg wertet es Jacob, dass für alle weitreichenden neuen Eingriffsbefugnisse, insbesondere Auskunftsbegehren der Nachrichtendienste gegenüber privaten Stellen, Unternehmen und Banken, Post und Telekom, eine Erfolgskontrolle eingeführt wurde. Diese Kontrolle sei durch eine Berichtspflicht an den Bundestag sichergestellt. Außerdem sind die Befugnisse auf fünf Jahre befristet. Die betroffenen Personen werden nachträglich benachrichtigt. So könne die Anordnung auf dem Rechtsweg überprüft werden.

"Außerdem konnte eine geplante Zentraldatei für biometrische Daten verhindert werden", erinnerte Jacob. Der Gesetzgeber habe nun eingegrenzt, welche biometrischen Merkmale überhaupt in Pässen und Personalausweisen aufgeführt werden können. Diese Merkmale dürfen auch nicht zur Identifikation verwandt werden, sondern dienen allein dem Zweck einer besseren Personenüberprüfung, also der Feststellung, ob das Papier zu der Person gehört, die es vorlegt.

Bei der Telefonüberwachung seien die gesetzlichen Möglichkeiten nach dem 11. September zwar nicht ausgeweitet worden. Dennoch habe man es in Deutschland seit Jahren mit dem Phänomen steigender Fallzahlen zu tun. Auch in diesem Bereich ist es nach Ansicht Jacobs dringend notwendig, eine Berichtspflicht und damit eine Erfolgskontrolle einzuführen.

Am 24-04-2002

Kriegsgegner demonstrieren gegen deutsche Beteiligung an US-Terrorbekämpfung

Bush-Besuch in Berlin

Beim ersten Staatsbesuch des US-Präsidenten in Deutschland am 22./23. Mai wird es - neben einer Abstimmung der Politik beider Länder in weltweiten Wirtschaftsfragen auf dem Rücken der Länder des Südens auch um die Fortsetzung der westlichen Kriegspolitik gehen. Bundesweit rufen die Friedensbewegung, Kritiker der neokolonialen „Globalisierung“ und zahlreiche andere Gruppen und Organisationen zu Protesten dagegen auf.

Die Proteste richten sich u.a. gegen den Krieg in Afghanistan, dem viele Tausend Zivilisten, Kinder, unschuldige Frauen und Männer zum Opfer gefallen sind und an dem auch Bundeswehreinheiten aktiv beteiligt sind. Sowie die Fortsetzung solcher Massnahmen in Form eines Feldzuges, der in der zweiten Phase auf Länder wie die Philippinen, Somalia oder Jemen ausgedehnt werden soll.

Ein Angriff auf den Irak werde unabsehbare Folgen für die Stabilität im Nahen Osten und den Weltfrieden haben, ebenso wie die fortgesetzte Unterstützung der israelischen Besatzungspolitik, fürchten die Kriegsgegner. In vielen Ländern - auch in Deutschland - haben die Regierungen und Parlamente in den letzten Monaten Freiheits- und demokratische Rechte der Bürger beschnitten, die Bewegungsfreiheit ausländischer Mitbürger eingeschränkt und staatliche Überwachungsinstrumente verstärkt (z.B. Rasterfahndung).

Unter dem Vorwand der Terrorismus-Bekämpfung betreibe die Bundesregierung mit Vorrang die endgültige Umwandlung der Bundeswehr in eine weltweit einsetzbare Interventionsarmee. Statt zur Entwicklung gerechter weltwirtschaftlicher Strukturen und zum Abbau der Armut und Massenarbeitslosigkeit beizutragen, statt auf die Konflikte dieser Welt mit angepassten zivilen Programmen zu reagieren, setzten die reichsten Industriestaaten der Erde auf die militärische Absicherung ihres Reichtums und ihrer Macht und fördern sie eine Art militärische Globalisierung, der sich die übrige Welt unterzuordnen hat, beklagt die Friedensbewegung.

Der Aufruf orientiert sich an einem Appell der auf einer bundesweiten Aktionskonferenz der Friedensbewegung beschlossen wurde und als Zeitungsanzeige in deutschen überregionalen Zeitungen erscheinen soll.

Am 13-05-2002

Weltweit wird wieder mehr aufgerüstet

"Terrordividende" statt "Friedensdividende"

Weltweit stehen alle Zeichen auf eine militärische Wiederaufrüstung. Zu diesem Ergebnis kommt das Jahrbuch 2002 des "Internationalen Konversionszentrums". Nach den terroristischen Angriffen auf New York und Washington vom 11. September habe nach dem Ende des Kalten Krieges jetzt eine neue Ära der Aufrüstung statt der Abrüstung begonnen, sagte der Direktor des Konversionszentrums, Peter Croll. Spitzenreiter der Aufrüstungsbemühungen seien die USA mit 353 Milliarden Dollar in diesem Jahr. Die globalen Militärausgaben werden nach den Schätzungen bei 900 Milliarden Dollar oder 960 Milliarden Euro liegen.

Die Wissenschaftler des "Bonn International Center for Conversion" (BICC) betonten, auf die Abrüstung der frühen 90er Jahre, die "Friedensdividende", folge jetzt eine Art "Terrordividende". Die Industrieländer hätten 75 Prozent der weltweiten Militärausgaben zu verantworten. Fast 40 Prozent der globalen Rüstungsausgaben könnten allein den USA zugerechnet werden. Trotz weltweiter Überkapazitäten in der Rüstungsindustrie scheine Konversion für die Unternehmen "kein Thema mehr zu sein". In der Regel fehle das Geld für eine Umstellung von militärischer auf zivile Nutzung.

Die Zahl der Soldaten regulärer Streitkräfte hat sich nach Angaben des BICC-Wissenschaftlers Michael Brzoska seit Ende des Kalten Krieges von 28,8 Millionen auf 21,6 Millionen verringert. Europa (Ost und West) war die Region mit dem größten Truppenabbau. Die NATO habe ihre Streitkräftezahl von 6,6 Millionen (1987) auf 4,5 Millionen im Jahr 2000 reduziert. Dies bedeute aber keine Schwächung der militärischen Fähigkeiten, sondern vielmehr einen generellen Trend unter reichen Ländern, kleinere Armeen mit besserer Ausrüstung aufzustellen.

Deutschland gehörte nach Darstellung der Wissenschaftler zu den Ländern, die in der 90er Jahren im weltweiten Vergleich am stärksten abgerüstet haben. Deutschland liege mit einem Anteil der Militärausgaben von 1,2 Prozent am Bruttosozialprodukt in der Rangliste der NATO-Staaten weit hinter dem Durchschnitt von 1,9 Prozent. Die von Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) begonnene Reform der Bundeswehr greife "zu kurz". Das betreffe die Sollstärke von 280 000 Männern und Frauen sowie die Fortführung von Beschaffungsprojekten. "Wir sehen nicht, wie eine neue Bundesregierung um einen Kassensturz und einen Neuanlauf für die Reform der Bundeswehr herumkommen kann", unterstrich Brzoska.

Am 28-05-2002

Ministerium für Heimatschutz in USA gefordert

Bushs Anti-Terror-Kampf

Im Anti-Terror-Kampf bleibt US-Präsident George W. Bush auch innenpolitisch weiter am Drücker. Nach Wochen bohrender öffentlicher Fragen, ob der Auslandsgeheimdienst CIA und die Bundeskriminalbehörde FBI die Terror-Gefahren im Vorfeld der Katastrophe vom 11. September hätten erkennen und die Anschläge verhindern können, versucht Bush jetzt wieder die Initiative an sich zu reißen.

Mit der Begründung, dass "Amerika die zivilisierte Welt in einem gigantischen Kampf gegen der Terror" anführe, forderte der Präsident am späten Donnerstagabend (Ortszeit) in Washington in einer Fernsehansprache die Schaffung eines neuen Ministeriums für Heimatschutz. Eine durchgreifende Umstrukturierung des Regierungsapparates - die einschneidendste seit dem Zweiten Weltkrieg - sei notwendig, um Amerika und die amerikanische Bevölkerung vor weiteren Attentaten wirksam zu schützen, sagte Bush.

Kernstück des geplanten neuen Ministeriums, das in Größe nur vom Pentagon übertroffen wird und das der Kongress noch absegnen muss, ist eine zentrale Geheimdienststelle, in der alle Anti-Terror-Informationen zusammenlaufen und ohne Reibungsverluste und Eifersüchteleien unter den derzeit neun Regierungsbehörden zu einem klaren Bild zusammengesetzt werden sollen. CIA und FBI und damit auch die Bush-Regierung waren in den vergangenen Wochen zunehmend unter Beschuss geraten, nachdem bekannt geworden war, dass beide Geheimdienstbehörden zahlreiche Hinweise auf mögliche Terror-Aktivitäten hatten, diese Puzzlesteinchen aber nicht zu einem größeren Ganzen zusammenzufügen wussten.

Angesichts immer neuer Veröffentlichungen über Pannen und Pleiten - so waren die Warnungen eines FBI-Agenten aus Phoenix (US-Bundesstaat Arizona), dass Gefolgsleute von Terrorchef Osama Bin Laden an amerikanischen Flugschulen ausgebildet werden könnten, vor dem 11. September ungehört verhallt - stand das Weiße Haus zunehmend unter Zugzwang. Die amerikanische Bevölkerung schien nach Umfragen mehr und mehr das Vertrauen in die Fähigkeit der Regierung zu verlieren, künftige Terrorattacken im Vorfeld verhindern zu können.

Die "Aufwertung" der ursprünglichen Behörde für Heimatschutz unter Regie von Bushs Parteifreund Tom Ridge, der keinen Kabinettsrang hatte, ist jetzt Bushs Antwort auf die schwindende Zuversicht. Küstenwache, Zoll- und Einwanderungsbehörden sowie die Stelle für den Katastrophenschutz sollen in Zukunft ganz eng unter einem Dach zusammenarbeiten.

Unter Abgeordneten des Repräsentantenhauses und Senatoren, die nach der Bush-Rede noch Anti-Terror-Maßnahmen in Höhe von 31,5 Milliarden Dollar verabschiedeten, waren erste Reaktionen durchweg positiv. Zwar werden die Anhörungen auf dem Kapitolshügel zur Arbeit der Geheimdienste weiter fortgesetzt. Schon jetzt aber hat kaum jemand Zweifel daran, dass das bestehende System dringend reformbedürftig ist. "Wir müssen die Fähigkeit entwickeln, Anschläge vorauszusehen", sagte FBI-Chef Robert Mueller selbstkritisch: "Wir müssen lernen, um Ecken zu blicken."

Am 07-06-2002

HRG, Bekämpfung ausländischer Terrorgruppen und Verbraucherschutz neu geregelt

Umstrittene Gesetze von Bundesrat befürwortet

Gegen den Widerstand des unionsdominierten Bundesrates hat der Bundestag den Weg für eine Reihe umstrittener Gesetze frei gemacht. Mit den Stimmen der rot-grünen Koalitionsmehrheit wies das Parlament am Donnerstag Einsprüche der Länderkammer gegen Gesetzesbeschlüsse des Bundestages zurück. Damit nahm auch die Novelle des Hochschulrahmengesetzes (HRG) die letzte parlamentarische Hürde. Mit dieser Sechsten HRG-Novelle soll unter anderem der Grundsatz der Studiengebührenfreiheit für ein Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss gesetzlich festgeschrieben werden.

Nach Ansicht der Bundesregierung handelt es sich dabei um ein so genanntes Einspruchsgesetz, das nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die Mehrheit der Länder hingegen hält das Gesetz unter Verweis auf ihre Kulturhoheit für zustimmungspflichtig. Diese Zustimmung verweigerte die Länderkammer im Juni. Vorsorglich legte der Bundesrat auch Einspruch ein, der jetzt erwartungsgemäß zurückgewiesen wurde.

Gleichfalls abgewiesen wurde der Einspruch der Länder gegen das Gesetz zur Bekämpfung ausländischer Terrorgruppen. Danach können in Deutschland künftig Mitglieder und Unterstützer ausländischer Terrororganisationen strafrechtlich verfolgt werden. Bisher war es lediglich erlaubt, die Mitgliedschaft in einer inländischen Terrorgruppe zu verfolgen. Nach dem Willen der Bundesratsmehrheit sollte auch "Sympathiewerbung" für terroristische Vereinigungen als strafbares Unrecht verfolgt werden können.

Unter Dach und Fach ist zudem die von der Bundesregierung geplante Neuregelung des Verbraucherschutzes, nachdem das Parlament auch zu diesem Gesetz den Einspruch des Bundesrates abschmetterte. Mit dem Gesetz wird die Rechtsgrundlage für zwei neue Behörden geschaffen: das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.

Das unabhängige Bundesinstitut soll die Regierung wissenschaftlich zu allen Themen der Lebensmittelsicherheit und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes mit Ausnahmen von Tierseuchen beraten und frühzeitig auf Risiken aufmerksam machen. Das Bundesamt soll Risikomanagement betreiben, über die Zulassung von Stoffen entscheiden und auch Überwachungsprogramme der Länder begleiten.

Am 04-07-2002

Experten warnen vor dem Schüren von Verbrechensangst im Wahlkampf

Schindluder mit Anti-Terror-Gesetzen

Experten warnen davor, die Angst der Bevölkerung vor Verbrechen zu Wahlkampfzwecken zu schüren. Der Vorsitzende des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Eberhard Kempf, trat am Samstag dem Eindruck entgegen, die Kriminalität steige immer weiter an. "Die Zahlen beweisen das Gegenteil", sagte er. Auch nach Angaben des früheren Düsseldorfer Polizeipräsidenten Hans Lisken ist es eine "Tatsache", dass die Kriminalität entgegen landläufigen Vorurteilen immer weiter zurückgeht. Beide Experten beklagten, dass die Politik dessen ungeachtet mit immer neuen Forderungen zur Verschärfung der Gesetze auf Stimmenfang gehe.

Offenbar glaube keine Partei, dass sie mit rechtsstaatlichen Positionen die Wähler "hinterm Ofen hervorlocken" könne, bemängelte Kempf. Die Ursachen dafür seien "sehr komplex". Zum einen gebe es in der Bevölkerung offensichtlich ein Denken nach dem Motto "die bösen Buben sind immer die anderen". Der Bürger wolle "den Politiker, der endlich mal was macht". Erst wenn der Einzelne persönlich betroffen sei, wenn er beispielsweise seinen Fingerabdruck im Personalausweis wiederfinde, trete ein Effekt des Zurückschreckens ein.

Selbst Parteien, die sich in der Vergangenheit für die Bürgerrechte stark gemacht hätten, setzten diesem Trend kaum etwas entgegen, kritisierte Kempf. Insbesondere mit den Terroranschlägen des 11. September 2001 werde bezogen auf verschärfte Sicherheitsgesetze "Schindluder getrieben". Die Grünen hätten sich zwar "punktuell gewehrt", schwämmen aber abgesehen von "einigen Abstrichen" auf der großen "Woge der Solidarität", die Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ausgelöst habe.

Lisken rief die Politik zu mehr "Prinzipientreue" und "Gelassenheit" im Umgang mit dem Thema Innere Sicherheit auf. "Das Publikum sehnt sich nach der Wahrheit", sagte der ehemalige Richter. Das weit verbreitete Gefühl einer zunehmenden Bedrohung durch Kriminalität basiere nicht auf Fakten. Ein ehrlicher Umgang mit dem Thema Innere Sicherheit würde laut Lisken auch das politische Eingeständnis erfordern, dass Verbrechen nicht komplett zu verhindern seien.

Die Überwachung von Kriminalitätsschwerpunkten mit Videokameras etwa, die Sozialdemokraten und Union in ihren Wahlprogrammen versprechen, macht aus Liskes Sicht wenig Sinn. Damit würde die Kriminalität seiner Erfahrung nach nur an andere, nicht überwachte Orte verlagert. Ein ehrlicher Umgang mit dem Thema Innere Sicherheit würde laut Lisken zunächst das Eingeständnis erfordern, dass Verbrechen nicht komplett zu verhindern seien.

"Kriminalität gibt es immer", genau wie Unfälle und Katastrophen, sagte der Düsseldorfer Rechtswissenschaftler. Die vorherrschende Mentalität in der Bevölkerung ignoriere dies aber und stelle die Befriedigung ihres Sicherheitsbedürfnisses über das "Bedürfnis nach Freiheit". Bürgerliche Freiheit werde vorwiegend lediglich als Reise- und Konsumfreiheit erlebt, beklagte Lisken.

Zudem hätten die Bürgerrechte kaum eine Lobby in der aktuellen Politik. Bundesinnenminister Otto Schily betreibe "praktisch die Politik der Union", hielt Lisken dem Sozialdemokraten vor. Die FDP sei längst keine Bürgerrechtspartei mehr. Die Grüne hätten sich in der Koalition mit der SPD "nach Kräften" gewehrt und "das Schlimmste" in Schilys Sicherheitsgesetzen verhindert. Einzig die PDS habe konsequent die Bürgerrechte einschränkende Gesetze abgelehnt.

Am 12-08-2002

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