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"Panorama": Aktuell, aber inszeniert

Richtigstellung zum CNN-Bildmaterial über jubelnde Palästinenser

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Wenige Stunden nach den Terroranschlägen auf Washington und New York gingen Filmaufnahmen von jubelnden Palästinensern um die Welt. ngo-online berichtete am 17. September unter der Überschrift "Hat CNN altes Bildmaterial von jubelnden Palästinensern gezeigt?" von Hinweisen, wonach es sich um altes Filmmaterial von 1991 aus Golfkriegszeiten handeln könnte. Dieses Gerücht scheint eindeutig widerlegt zu sein (vgl. unseren Beitrag "Angeblich gefälschte CNN-Bilder sorgen für Aufruhr" vom 19. September). Inzwischen legte aber das ARD-Fernsehmagazin "Panorama" in seiner Sendung am 20. September den Verdacht nahe, die Szene von den jubelnden Palästinenser könnte inszeniert worden sein. Beim Betrachten des vollständigen Bildmaterials falle auf, dass auf einer insgesamt ruhigen Straße lediglich eine kleine Gruppe von Kindern und eine Frau gejubelt hätten, die von einem Mann "angestachelt" worden seien. Die Frau habe inzwischen erklärt, man habe ihr einen Kuchen versprochen, wenn sie sich vor laufender Kamera freue.


Es zeigt sich, mit welcher Vorsicht in Vor-Kriegszeiten die Medienberichterstattung zu genießen ist. Die Diskussion um dieses Bildmaterial von CNN bzw. von der internationalen Nachrichtenagentur Reuters stellt ein ideales Beispiel für die Wirkung von Massenmedien und auch für die Schwierigkeiten einer seriösen Suche nach der Wahrheit dar.

Wir dokumentieren im folgenden die Ausführungen von "Panorama" in der Sendung vom 20. September:

"Stärker noch als Worte: Bilder. Die Aufnahmen jubelnder Palästinenser flimmerten wenige Stunden nach dem Anschlag weltweit über die Bildschirme. Sie erwecken den Eindruck, die halbe Stadt wäre auf den Beinen, um den Tod Tausender Amerikaner zu feiern. So die grausame Aussage der Bilder zumindest auf den ersten Blick.

Medienwissenschaftler Professor Martin Löffelholz interpretiert: 'Diese Bilder von jubelnden Palästinenserkindern, auch von einigen Erwachsenen, zeigen Einzelne, die sich offensichtlich freuen. Ob sie sich über die Anschläge freuen, weiß ich nicht. Ich vermute das, weil es uns so in der Berichterstattung gesagt worden ist, ich weiß es nicht. Der Kontext, der Entstehungskontext ist mir unklar.'

Bei genauer Betrachtung des vollständigen, nicht gesendeten Bildmaterials fällt auf, dass es auf der Straße drumherum ruhig ist. Nur vor der Kamera eine Gruppe aufgekratzter Kinder. Die Frau, die mit ihrem Freudentaumel in Erinnerung bleibt, geht kurz darauf ungerührt weiter. Auffällig ein Mann in einem weißen T-Shirt. Er stachelt die Kinder an, und er holt immer wieder neue Leute ran.

Die Frau, die gerade gegangen ist, sagt heute, man habe ihr Kuchen versprochen, wenn sie sich vor der Kamera freut. Sie selbst sei entsetzt gewesen, als sie die Bilder im Fernsehen sah. Niemals habe sie sich über den Anschlag auf die USA gefreut. Wahrheit? Inszenierung?

Vom Drehort in Jerusalem hatte eine Bildagentur das Material nach London überspielt, zur Zentrale. Von hier aus wird es zu Fernsehsendern in der ganzen Welt verteilt - unter dem Titel: Palästinenser feiern in Jerusalem.

Per Satellit kommen die jubelnden Palästinenser auch nach Deutschland. Hier laufen Bilder aus aller Welt auf, Bilder, die starke Gefühle hervorrufen, aber nicht unbedingt Abbild der Wirklichkeit sind.

'In Krisen und Kriegssituationen', so Medienwissenschaftler Löffelholz, 'ist eine gehörige Portion Distanz auch des Zuschauers, auch des Lesers zu dem, was von Journalisten verbreitet wird, notwendig. Das hat damit zu tun, dass auch Journalisten Fehler machen, dass auch Journalisten dem Informationsmanagement von Politik und Militär aufsitzen.'"

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