1.Tausende von Menschen könnten in die Illegalität getrieben werden, wenn das Gesetz Wirklichkeit wird. Bisher Geduldete, bei denen „tatsächliche Abschiebungshindernisse“ be-stehen (z.B. keine Abschiebungswege, keine Aufnahme durch den „Zielstaat“), würden in eine gesetzlich geregelte Rechtlosigkeit fallen!
2.Im Gesetz fehlt jegliche Klarstellung, dass Opfer nicht-staatlicher und geschlechtsspezifi-scher Verfolgung als Flüchtlinge anzuerkennen sind. Vielen Betroffenen droht eine unge-wisse Zukunft; um eine Aufenthaltserlaubnis zu erlangen, müssten sie selbst nachweisen, dass sie in keinen anderen Staat ausreisen können.
3.Weiterhin ist es unter Missachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte möglich, Menschen abzuweisen, die von Folter durch nicht-staatliche Ak-teure bedroht sind.
4.Auch in Zukunft gibt es keine vernünftige Grundlage für eine Härtefallregelung. Statt dessen sollen Kirchen und andere Hilfsorganisationen auf eigene Kosten Menschen einen Aufent-halt sichern können – eine unzumutbare Privatisierung staatlicher Verantwortung für be-drohte Menschen!
5.Die skandalöse Behandlung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge unter Missachtung der UN-Kinderrechtskonvention würde weitergehen. Nicht einmal die Empfehlungen der Süß-muth-Kommission sind im Gesetzentwurf beachtet, Flüchtlingskinder altersadäquat und nach jugendhilferechtlichen Grundsätzen zu behandeln.
6.Ein Bleiberecht würde bestimmten Menschen vorenthalten, denen es nach der Genfer Flüchtlingskonvention zusteht: Flüchtlinge, deren Vorfluchtgründe nicht anerkannt sind, sol-len nämlich ausgeschlossen werden, wenn sie sich nach ihrer Flucht politisch engagieren und z.B. auf Menschenrechtsverletzungen in ihrem Herkunftsland hinweisen.
7.Die Problematik der „Illegalisierten“ wird weiter verdrängt; ihnen werden soziale Mindest-standards (z.B. Zugang zu ärztlicher Behandlung) weiterhin vorenthalten.
8.Asylsuchende sollen nun zeitlich unbegrenzt lediglich Leistungen erhalten, die 30 Prozent unterhalb der Sozialhilfe liegen. Auch alle AusländerInnen mit Abschiebeschutz würden von dieser sozialen Ausgrenzung betroffen.
9.Bislang geduldete Menschen sollen nicht mehr arbeiten dürfen – mit allen nachteiligen Fol-gen! Ob Asylsuchende während ihres Verfahrens (nach einem Jahr Aufenthalt in Deutsch-land) eine Beschäftigung aufnehmen dürfen, ist unklar.
10.Ausreisepflichtige sollen bis zur Ausreise zu einem Aufenthalt in „Ausreiseeinrichtungen“ (Sonderlagern) gezwungen werden können – schon bei Anhaltspunkten für einen Ver-dacht, sie könnten ihrer Ausreisepflicht nicht nachkommen. Dadurch würde die Gefahr des „Abtauchens“ eher erhöht als verhütet.
Hinzu kommt die Problematik, die von vornherein in der Schaffung solcher Lager liegt. Ein Land, das schwer an der Verantwortung für seine nationalsozialistische Vergangenheit trägt, muss hier besonders sensibel sein!
11.Die vielfach menschenunwürdige Praxis der Abschiebungshaft soll unverändert übernom-men werden.
12.Asylanerkennungen sollen nach 3 Jahren überprüft werden. Dies würde nicht nur zu einer Explosion der Zahl zu bearbeitender Fälle führen, sondern auch zu einer weiteren jahrelan-gen Verunsicherung der Betroffenen; ihre Integration wird erschwert.
13.Für bestimmte Gruppen von Asylsuchenden könnten möglicherweise pauschale Weisungen zur Anerkennungen oder Ablehnung gegeben werden, da die Weisungsungebundenheit der EntscheiderInnen abgeschafft werden soll. So verständlich die Absicht ist, eine größere Einheitlichkeit in den Entscheidungen zu erreichen, so ungeeignet ist die geplante Regelung als Alternative zu dem - erfreulicherweise abgeschafften - Bundesbeauftragten für Flücht-lingsangelegenheiten. Denn EntscheiderInnen müssen die Möglichkeit haben, die Glaub-würdigkeit der Asylsuchenden nach ihrem persönlichen Eindruck zu beurteilen und nicht nach Aktenlage.
14.Hinzu kommen Bedenken gegen die Einrichtung eines neuen „Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge“ mit einer Vielzahl völlig unterschiedlicher Aufgaben. Die von einer solchen Superbehörde betriebene verschärfte Datensammlung würde die Persönlichkeitsrechte der AusländerInnen gefährden. Die demokratische Kontrolle einer solchen Einrichtung muss gewährleistet werden.
15.Entscheidungsstopps des Bundesamtes weit über sechs Monate hinaus wären möglich, d.h.: Eine höchst fragwürdige Praxis würde per Gesetz sanktioniert und sogar ausgedehnt.
Pax Christi Deutschland protestiert aus den vorgenannten Gründen gegen den Entwurf für ein Zuwanderungsgesetz und fordert, den Schutz für verfolgte und bedrohte Menschen wirksamer als bisher zu sichern, anstatt ihn weiter auszuhöhlen.