Juli 2001
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Das Familien-Paket der Bundesregierung
Mit dem am Freitag vom Bundestag verabschiedeten Familien-Paket der rot-grünen Regierungskoalition sollen Familien um mehr als 4,6 Milliarden Mark pro Jahr entlastet werden. Vorgesehen sind folgende Maßnahmen:
Leichter Rückgang der Reallöhne in Deutschland
Die Reallöhne in der gewerblichen Wirtschaft Deutschlands sind im ersten Quartal leicht zurückgegangen. Wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte, betrug das Minus gegenüber den ersten drei Monaten des Vorjahrs 0,1 Prozent. Zwar seien Monatslöhne und -gehälter um 2,4 Prozent gestiegen, doch die Verbraucherpreise hätten mit 2,5 Prozent etwas stärker zugenommen.
Frühbucher und Langstrecken billiger, Nahverkehr und Spontanfahrten teurer
Frühbucher werden bei der Bahn künftig belohnt. Preisnachlässe von 10 bis 40 Prozent sind möglich für alle, die sich einige Tage vorher auf einen bestimmten Zug festlegen. Das neue Tarifsystem will die Deutsche Bahn AG im Herbst 2002 einführen, wie Vorstandsvorsitzender Hartmut Mehdorn am Donnerstag in Berlin sagte. Das Wirrwarr verschiedener Sonderangebote mit festen Preisen soll vorbei sein, statt dessen werden Vergünstigungen stets in Prozenten gewährt. Verkehrsverbände begrüßten die Änderungen, mahnten jedoch Korrekturen für kürzere Strecken und Teilzeitpendler an.
"Vier Pfoten" protestiert gegen Gespräche mit Rumänien
Der rumänische Ministerpräsident Dr. Adrian Nastase berät während seines Besuches in Deutschland vom 03.- 05. Juli 2001 mit Bundeskanzlers Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer u.a. die Annäherung Rumäniens an die EU. Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten e.V. veranstaltete aus diesem Anlass am Mittwoch unter dem Motto "Stoppt den Hundemord in Bukarest" eine Protestaktion auf dem Pariser Platz in Berlin.
NABU fordert klares Bekenntnis zur Agrarwende
Der Naturschutzbund NABU hat anlässlich des Deutschen Bauerntages in Münster vom Deutschen Bauernverband (DBV) ein klares Bekenntnis zur ökologischen Agrarwende gefordert. Angesichts der jüngsten Äußerungen von Spitzenfunktionären des Bauernverbandes bezweifelte NABU-Bundesgeschäftsführer Gerd Billen allerdings den Willen des DBV zu echten Veränderungen: "Statt 'Wir packen's' sollte das Motto des Bauerntages wohl besser 'Augen zu und durch' heißen."
Nach knapp 15 Jahren Aufklärung durch DNA-Test
Knapp 15 Jahre nach dem Mord an einer 17-Jährigen in Niederbayern hat die Polizei den mutmaßlichen Täter gefasst. Durch einen groß angelegten DNA-Test im Landkreis Regen wurde ein 37-Jähriger der Tat überführt, wie der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walch am Mittwoch in Deggendorf sagte. Der Mann ist geständig. In der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft von mehr als 300 Männern Speichelproben nehmen lassen. Experten hatten zuvor die alten Spuren mit Hilfe neuer Methoden ausgewertet und dabei ein vollständiges DNA-Identifizierungsmuster des Täters erstellen können. Anschließend wurde das Muster mit den Speichelproben verglichen.
Angeklagter bedauert Geschehnisse
Wegen der Schüsse auf zwei Polizisten im hessischen Niederwalluf vor rund einem Jahr muss sich seit Mittwoch ein 25-Jähriger vor dem Wiesbadener Landgericht verantworten. Ihm wird vorgeworfen, im Juni 2000 bei einer Routinekontrolle einen Polizisten erschossen und dessen Kollegen schwer verletzt zu haben. Die Anklage lautet auf Totschlag und versuchten Totschlag, wobei der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft "im Zustand verminderter Schuldfähigkeit" handelte. Der Mann ließ zum Prozessauftakt von seinem Anwalt eine Erklärung verlesen, in der er die Geschehnisse "zutiefst" bedauerte.
Regierung erwartet Abschluss "in absehbarer Zeit"
Die Bundesregierung ist zuversichtlich, dass es im Streit um das Volkswagen-Beschäftigungsmodell "5.000 mal 5.000" in absehbarer Zeit zu einem Tarifabschluss kommt. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Gerd Andres (SPD), sagte am Mittwoch im Bundestag, er sei sich sicher, dass bei VW neue Arbeitsplätze entstehen und Arbeitslose in ersten Arbeitsmarkt integriert würden.
Keine Entwarnung - mehr Aufklärung
Unter dem Motto "Grenzen überwinden" startet heute der 8. Deutsche Aids-Kongress in Berlin. Rund 1.500 Ärzte und Wissenschaftler werden bis Samstag unter anderem die neuesten Therapiemöglichkeiten und die Ausbreitung der HIV/Aids-Epidemie in verschiedenen Ländern diskutieren. Der Kongress findet alle zwei Jahre statt und wird von der Deutschen Aids-Gesellschaft veranstaltet. Zeitgleich treffen sich Vertreter der Selbsthilfe, Menschen mit HIV und Angehörige von HIV- oder Aids-Patienten zum Kongress der Deutschen Aids-Hilfe mit dem Titel "Positive Begegnungen".
Kurzfilmpreise "Short Tiger" vergeben
Zur Förderung des kreativen Filmnachwuchses hat die Filmförderungsanstalt (FFA) in Berlin die Kurzfilmpreise "Short Tiger" an sieben Studenten deutscher Filmhochschulen vergeben. Die Auszeichnungen sind mit insgesamt 250.000 Mark verbunden, wie die FFA am Dienstag mitteilte.
Staatsanwaltschaft ermittelt im Allgäu
Bei der Suche nach der Ursache für die bundesweit einmalige Häufung von BSE-Fällen im Allgäu verfolgt die Staatsanwaltschaft Kempten nach einem Bericht des Hamburger Magazins "Stern" offenbar eine heiße Spur. "Uns ist aufgefallen, dass in bisher sechs Fällen aus der Region Milchaustauscher der Firma Alma-Futter GmbH aus Kempten verwendet wurde", zitiert das Magazin den leitenden Kemptener Oberstaatsanwalt Günther Meltendorf. Der "Milchaustauscher" genannten Kunstmilch für Kälber durften bis Dezember 2000 tierische Fette beigemengt werden, von denen angenommen wird, dass sie den BSE-Erreger enthielten.
Helmut Kohl prozessiert um seine Berichte
Das Berliner Verwaltungsgericht hat am Mittwoch mit der Verhandlung der Klage von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) gegen die Herausgabe seiner Stasi-Akten begonnen. Kohl will vor allem verhindern, dass die Gauck-Behörde die zusammengefassten Protokolle seiner von der Stasi abgehörten Telefongespräche an die Öffentlichkeit gibt.
Nur unverbindliche Selbstverpflichtung zur Frauenförderung
Die Wirtschaft will sich verstärkt um gleiche Chancen für Frauen bemühen. Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft verständigten sich am Montagabend bei einem Gespräch mit Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) auf eine entsprechende Vereinbarung. In dem Papier sagen die Verbände zu, "ihren Mitgliedern betriebliche Maßnahmen zur Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie der Familienfreundlichkeit zu empfehlen." Von einer verbindlichen Selbstverpflichtung der Wirtschaft zugunsten der Frauen ist allerdings in dem Text nicht die Rede.
Der Antrag von SPD und Grünen
SPD und Grüne haben sich am Montagabend im Koalitionsausschuss auf einen gemeinsamen Antrag an den Bundestag zur Stammzellen-Forschung geeinigt. Wir dokumentieren den Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen:
Ostseefähre "Sassnitz" mitsamt unverletzten Passagieren zurück
Bei einem Brand auf der Ostseefähre "Sassnitz" sind die 169 Passagiere und 58 Besatzungsmitglieder mit dem Schrecken davon gekommen. Mehr als 17 Stunden nach dem Ablegen in Sassnitz-Mukran Richtung Schweden kehrte der Havarist am Montagmittag in seinen Heimathafen zurück. Alle an Bord befindlichen Personen sind wohlauf, wie der Vorstandschef der Reederei Scandlines, Ole Rendbaek, in Mukran mitteilte. Nach Angaben von Passagieren gab es zu keiner Zeit Panik auf dem Schiff. Das Bordpersonal habe professionell und ruhig gehandelt. Die meisten Fahrgäste setzten noch am Montag ihre unterbrochene Reise nach Schweden mit dem Schwesterfährschiff "Trelleborg" fort.
Nicht genug Forschung über Aids bei Frauen
Als Folge einseitiger Forschung schreitet die Immunschwäche-Krankheit Aids nach Überzeugung eines Medizin-Experten bei Frauen schneller voran als bei Männern. Es existierten keine systematischen Untersuchungen, die darüber Aufschluss gäben, wie sich die aktuellen Therapien auf den Verlauf der Krankheit bei Frauen auswirkten, warnte der Vorsitzende der Deutschen Aids-Gesellschaft (DAIG), Prof. Norbert Brockmeyer, am Montag in Bochum.
Zehneinhalb Jahre Haft für Doerfert
Der frühere Caritas-Manager Hans-Joachim Doerfert muss wegen Bestechlichkeit und Untreue für zehneinhalb Jahre hinter Gitter. Das Münchner Landgericht sah es als erwiesen an, dass der 57-Jährige für abgeschlossene Berater- und Werbeverträge nur teilweise Leistungen erbracht hatte. Dabei handele es sich um Vorteilsnahme "großen Ausmaßes", sagte der Vorsitzende Richter am Dienstag bei der Urteilsbegründung. Darüber hinaus habe Doerfert Berater- und Werbeverträge an Mietverträge geknüpft, was das Gericht als "unlautere Bevorzugung" bewertete.
Atomlager Morsleben droht einzustürzen
Vom Atomendlager in Morsleben in Sachsen-Anhalt geht offenbar eine größere Gefahr aus als bislang befürchtet. Wie die in Halle erscheinende "Mitteldeutsche Zeitung" in ihrer Dienstagausgabe berichtet, warnen Experten des Bergamtes Straßfurt vor zunehmenden Sicherheitsrisiken. Es sei festzustellen, "dass im Zentralteil langsam fortschreitende Schädigungsprozesse ablaufen und damit ein fortschreitender Verbrauch an Sicherheit zu verzeichnen ist", zitiert das Blatt aus den bislang unveröffentlichten Unterlagen.
Erst 8.000 Green Cards für Computerfachleute
Seit dem Start im August 2000 sind rund 8.000 "Green Cards" an ausländische Computer-Experten ausgegeben worden, teilte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Gerd Andres (SPD), am Montag mit. Einer Studie zufolge seien pro IT-Kraft aus dem Ausland durchschnittlich zwei bis drei weitere Arbeitsplätze geschaffen worden.
Tausende deutsche Globalisierungskritiker nach Genua
Nach einer Schätzung des globalisierungskritischen Attac-Netzwerks werden sich über 1.000 Menschen aus Deutschland an den Protesten gegen den Weltwirtschaftsgipfel in Genua beteiligen. Berliner Globalisierungsgegner sprechen gar von 5.000 deutschen Demonstranten. Neben Attac als Mitinitiator unterstützen u.a. die Kampagne Erlassjahr 2000 - Entwicklung braucht Entschuldung, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), WEED e.V. und die Euromärsche den Aufruf des Bündnisses. Eine wichtige Forderung der Demonstranten werde sein, das bereits in Seattle gescheiterte Vorhaben einer neuen umfassenden Welthandelsrunde der WTO zu stoppen. Weiterhin wenden sie sich gegen die Ausweitung des GATS-Abkommens auf öffentliche Dienstleitungen wie das Bildungs- und Gesundheitswesen.