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Gesundheitspolitik

Schmidt will Ausgleich für vier "Volkskrankheiten" vorziehen

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Mit speziellen Programmen zur Behandlung von chronisch Kranken sollen nach dem Willen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) schon Mitte 2002 besonders hohe Kosten zwischen den Krankenkassen ausgeglichen werden. Die Ministerin sprach sich am Montag in Berlin dafür aus, zunächst für Brustkrebs, Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit und Diabetes sogenannte Disease-Management-Programme anzubieten. Solche speziellen Programme zur Behandlung von chronisch Kranken sind Teil der geplanten Neuordnung des Risikostrukturausgleichs zwischen den Kassen, die im Herbst abschließend im Bundestag beraten wird. Allerdings lässt sich laut Schmidt nicht im Voraus sagen, wie sich die Reform auf die Beitragsentwicklung der Kassen auswirken wird. Der nordrhein-westfälische Landesverband des Sozialverband Deutschland fordert unterdessen eine ergänzende Wertschöpfungsabgabe der Unternehmen, um von der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit geschwächte Finanzbasis der Sozialversicherung zu stärken.


Die "mit dem Solidarprinzip unvereinbaren" Beitragsbemessungs- und Versicherungspflichtgrenzen seien aufzuheben, fordert der Sozialverband. Vermögenseinkommen sollten in die Beitragspflicht einbezogen werden. Als erster Schritt einer stärkeren Marktregulierung im Gesundheitswesen müsse die Positivliste für Medikamente unverzüglich in Kraft gesetzt werden.

Laut Gesundheitsministerin Schmidt droht eine lange Debatte, für welche Krankheiten entsprechende Versorgungsprogramme angeboten werden sollen. Um aber nicht erst - wie zunächst vorgesehen - Anfang 2003 mit dem Ausgleich beginnen zu können, sollten die Programme für die vier "Volkskrankheiten" vorgezogen werden. Hier ist laut Schmidt nun das Parlament am Zuge. Die Kassen erhalten dann mehr Geld, wenn sich Versicherte in die Programme einschreiben. Insgesamt erwartet die Ministerin von den Programmen, dass die Angebote für chronisch Kranke verbessert und Qualitätsverluste beseitigt werden.

Der Kölner Gesundheitsökonom Karl Lauterbach betonte, Deutschland gebe neben Österreich und der Schweiz europaweit am meisten für sein Gesundheitssystem aus. Trotzdem habe die Bundesrepublik die höchste Sterblichkeit bei Dickdarmkrebs, die zweithöchste bei Schlaganfällen und Diabetes sowie die vierthöchste bei Herzkrankheiten. In diesem Zusammenhang wies der Experte den geplanten Versorgungsprogrammen einen hohen Stellenwert zu. Begleiterkrankungen und Komplikationen könnten durch sie vermieden werden. Für die Kassen werde eine qualitativ hochwertige Versorgung wieder attraktiv. Auch Lauterbach plädierte für ein Vorziehen der Angebote für vier Krankheiten.

Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe drängte derweil auf grundlegende Reformen im Gesundheitswesen. Die noch aus der Nachkriegszeit stammenden Finanzierungsstrukturen seien "überfordert". Die hälftige Finanzierung der Krankenversicherung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer stamme noch aus einer Zeit, als aus lohnabhängiger Arbeit zirka 80 Prozent des Bruttosozialprodukts erwirtschaftet wurde.

Hoppe plädierte wie Schmidt für die Beibehaltung des Solidarprinzips. Eine Zwei-Klassen-Medizin dürfe es nicht geben. Ähnlich sprach sich Lauterbach strikt gegen ein Modell aus Grund- und Zusatzversorgung aus. Eine private Zusatzversicherung entspreche einer "ethisch nicht zu vertretenden Rationierung" und würde die einkommensabhängigen Unterschiede in der Versorgung vergrößern.

Schmidt stellte erneut klar, eine Zusatzversicherung komme für sie allenfalls für "nicht notwendige" Leistungen wie ein Einzelzimmer im Krankenhaus oder eine Auslands-Krankenversicherung in Frage. Die Ministerin bekräftigte, dass die SPD in ihrem Wahlprogramm Auskunft über die Gesundheitspolitik der nächsten Legislaturperiode geben werde. Dabei wolle sie unter anderem den Hausarzt stärken.

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