Bisher galt in der EU für Lebensmittel und landwirtschaftliches Saatgut ein absolutes Verbot für Verunreinigungen mit nicht in der EU zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen. Nach der Anfang 2001 verabschiedeten Freisetzungsrichtlinie durfte gentechnisch verändertes Saatgut keine in der EU nicht zugelassenen Bestandteile enthalten. Die sogenannte Novel-Food-Verordnung sah bislang Gleiches für Lebensmittel vor.
In den letzten Jahren war es wiederholt zu Verunreinigungen von Saatgut und Lebensmitteln mit in der EU nicht zugelassenem Genmaterial gekommen, was die Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU wiederholt belastet hatte.
Die Gentechnikexpertin des BUND, Heike Moldenhauer, meint, die EU-Kommission hätte "Rückgrat zeigen und die Anbauländer von Genpflanzen auf die Trennung ihrer Ernten und ihrer Produktlinien verpflichten müssen, anstatt diesen Zustand nachträglich zu legitimieren." In Zukunft dürfe die Industrie unter Produkte wie Saatgut, Lebensmittel und Futtermittel ein Quäntchen Gentech mischen und sie mit der Behauptung, die Kontamination sei unbeabsichtigt oder technisch unvermeidbar gewesen, ungekennzeichnet auf den europäischen Markt bringen.
Sollte der Vorschlag der Kommission die Zustimmung von EU-Parlament und EU-Rat finden, wäre damit das Ende der Gentechnikfreiheit in der EU endgültig besiegelt, befürchtet der BUND. Unverständlich sei auch, dass der Grenzwert bei 1 Prozent angesetzt wurde. Da sich die Nachweisbarkeitsgrenze für gentechnische Kontaminationen inzwischen bei 0,1 Prozent bewege, sei der hohe Grenzwert ein nicht nachvollziehbares Zugeständnis an die Gentechnikindustrie.