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Justiz

Deutsche Staatsanwälte haben keine Lust auf Bearbeitung von Leuna-Akten

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Der Parteispenden-Untersuchungsausschuss des Bundestages will sich möglichst rasch mit den Schweizer Akten zur Leuna-Affäre befassen. Das machten Ausschussmitglieder von SPD, Grünen, FDP und PDS am Sonntag in Berlin deutlich. Zuvor war bekannt geworden, dass die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe im Zusammenhang mit der Leuna-Affäre die Einleitung eines eigenen Ermittlungsverfahren prüfen soll. SPD-Fraktionschef Peter Struck nannte die bisherige Zurückhaltung deutscher Staatsanwaltschaften in dem Fall "empörend". Er habe "überhaupt kein Verständnis für Staatsanwaltschaften, die sich Akten hin- und herschicken mit der Zielrichtung, sie nicht bearbeiten zu müssen", sagte er.


Ein Sprecher des Bundesjustizministerium bestätigte in Berlin, dass sein Haus das Schweizer Bundesamt für Justiz gebeten habe, der Bundesanwaltschaft Akten zu Leuna zur Verfügung zu stellen. Die Schweizer Behörde habe seinem Ressort die Unterlagen am 26. Juni angeboten. Das Bundesjustizministerium habe daraufhin um die Übersendung der Akten an die Bundesanwaltschaft gebeten.

Die Karlsruher Strafverfolger müssen nun untersuchen, ob sie gegebenenfalls selbst Ermittlungen vornehmen oder die Akten an andere Staatsanwaltschaften weiterleitet. Der Ministeriumssprecher verwies darauf, dass das Material nach Schweizer Angaben Hinweise auf Straftaten deutscher Staatsbürger enthalten könne.

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" handelt es sich bei den Unterlagen um mehr als 60 Aktenordner. Bereits seit längerem bemühten sich die Schweizer, deutsche Staatsanwälte zu Ermittlungen über die Leuna-Millionen zu bewegen. Der Genfer Generalstaatsanwalt Bernard Bertossa ermittele in der Affäre wegen des Verdachts der Geldwäsche, der Urkundenfälschung und des Betrugs. Dabei hätten die Schweizer auch die Rolle des Leuna-Lobbyisten Dieter Holzer und des flüchtigen ehemaligen Rüstungs-Staatssekretärs Ludwig-Holger Pfahls untersucht.

Nach den Worten des Grünen-Parlamentariers Christian Ströbele wird der Ausschuss in den nächsten Tagen beschließen, die Akten beizuziehen. Ströbele betonte zugleich, die Bundesanwaltschaft müsse umgehend den Hinweisen aus den Schweizer Akten nachgehen und feststellen, auf welche Konten und an welche Personen in Deutschland "die Millionen-Zahlungen von Elf Aquitaine über die Schweiz geflossen" seien.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Max Stadler forderte eine "sofortige Entscheidung über die Zuständigkeit der Justiz". Am besten wäre das Ermittlungsverfahren bei der Bundesanwaltschaft aufgehoben, betonte er. Dann müssten die Schweizer Akten zum Korruptionsverdacht bei der Leuna/Minol-Privatisierung unverzüglich dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt werden. Die PDS-Parlamentarierin Evelyn Kenzler nannte die "schnellstmögliche Befassung zur Beiziehung" der Akten durch den Ausschuss noch während der Sommerpause als "dringlich".

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