Die Norweger räumten Millionen-Verluste seit dem Start von "20 Minuten Köln" im Dezember 1999 ein. Aus einer am Mittwoch an der Osloer Börse veröffentlichten Pflichtmeldung des Konzerns geht hervor, dass das Kölner Projekt allein seit Anfang 2001 rund 3,7 Millionen Mark Verluste einfuhr. Die Auflösung der durch Werbeanzeigen finanzierten Zeitung werde den Verlag noch einmal knapp 1,5 Millionen Mark kosten. Für die 55 Mitarbeiter soll es einen Sozialplan geben.
Die Kölner Unternehmensgruppe M. DuMont Schauberg will sich bemühen, die 13 Redakteure des "Kölner Morgen" in anderen Presseerzeugnissen des Hauses unterzubringen. Der Konzern betonte erneut, man halte das Publizieren kostenloser Zeitungen für "rechtswidrig" im Sinne des Wettbewerbsrechts. Die Einstellung von "20 Minuten Köln" habe zunächst keine Bedeutung für den vor dem Bundesgerichtshof anhängigen Rechtsstreit, betonte das Verlagshaus.
Auch Springer-Vorstand Mathias Döpfner sagte: "Wir sind weiterhin der Auffassung, dass Gratiszeitungen wettbewerbswidrig sind." Die Redaktion des kostenlosen Springer-Blatts "Extra Köln" soll nach dem letztmaligen Erscheinen am Donnerstag aber nicht aufgelöst werden. Der Verlag will das auf eine junge Zielgruppe zugeschnittene Konzept nach den Sommerferien auf seine Akzeptanz als Kaufzeitung in einem Regionalmarkt testen. Voraussichtlich wird das in Hamburg geschehen.
Der Vorstandsvorsitzende der "20 Minuten Holding" in Zürich, Ekkehard Kuppel, räumte ein, man habe den Konkurrenzdruck auf dem deutschen Zeitungsmarkt unterschätzt. Dieser sei verbissener als angenommen. Man brauche einen "langen Atem", um hier erfolgreich zu sein. Kuppel will das Kapitel Gratiszeitung in Deutschland jedoch noch nicht gänzlich ad acta legen. "Vielleicht sind wir in einem Jahr in der Lage, das Projekt zu realisieren", sagte er. Man müsse länger darüber nachdenken, wie man den deutschen Zeitungsmarkt "knacken" könne. "Alle Variablen sprechen für unser Projekt, nur nicht die Wettbewerbssituation."
In der letzten Ausgabe von "20 Minuten" hatte Kuppel angegeben, dass für die geplante bundesweite Ausdehnung des Blattes Investitionskosten von rund 200 Millionen Mark erforderlich gewesen wären. Dieses Geld habe nicht mehr zu Verfügung gestanden. Eine "Insellösung" wie Köln, obwohl am Lesermarkt sehr erfolgreich, funktioniere nicht.
Für Hans-Joachim Fuhrmann vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger zeigt das Scheitern von Schibsted, dass es in Deutschland keinen Markt für Gratistageszeitungen gibt. "Hier zu Lande kann man journalistische Leistung nicht verschenken", sagte Fuhrmann. Wieder habe sich gezeigt, dass es nicht leicht sei, mit einem neuen Produkt in einen etablierten Pressemarkt einzusteigen.
Allerdings sei Schibsted in Köln auf zwei leistungsstarke und entschlossene Verlage gestoßen: "Mittelständische Unternehmen hätten es schwerer gehabt, sich gegen diesen Konzern zu wehren." Eine Prognose zur weiteren Entwicklung auf dem deutschen Zeitungsmarkt wollte Fuhrmann nicht abgeben: "Das Zeitungsgeschäft ist weitgehend ausgereizt, jetzt gilt es, die Nischen zu besetzen."
Die Mitarbeiter von "20 Minuten" bedankten sich in der letzten Ausgabe für die Treue der Leser: "Wir sind überzeugt, dass wir in den vergangenen Monaten ein journalistisch ansprechendes und wettbewerbsfähiges Produkt auf den Markt gebacht haben."