"Grottenschlecht" sei das bisherige Preissystem, räumte Anna Brunotte ein, die die neuen Bahn-Tarife entwickelt hat. Sie versprach: "Wir schlagen mit der Machete durch den Tarifdschungel." Das neue Modell fußt auf drei Säulen: Grundpreise, ermäßigte Sonderpreise sowie eine BahnCard, die Preisnachlass auf alle Angebote gewährt. Der höchstmögliche Rabatt liegt bei fünf Erwachsenen mit Frühbuchung, Mitfahrerrabatt und BahnCard bei 73 Prozent, rechnete Mehdorn vor.
Der Grundpreis soll in etwa dem heute bekannten Fahrkartenpreis entsprechen, jedoch sinkt der Preis je Kilometer auf längeren Strecken. Auf kürzeren Strecken des Fernverkehrs werde es deshalb im Vergleich zu heute teurer, auf langen Strecken liege der Tarif auf jeden Fall unter dem heutigen Preis, wurde betont. Die Schallgrenze werde wahrscheinlich bei knapp über 100 Kilometern liegen.
Preiswerter wird es für den, der sich im voraus auf einen bestimmten Zug festlegt. Wer einen Tag vor Reiseantritt bucht, erhält 10 Prozent Abschlag. Drei Tage vorher sind es 25 Prozent und eine Woche vorher 40 Prozent, wobei es beide Abschläge nur für Hin- und Rückfahrkarten gibt. Die Rabatte gibt es je Zug nur, solange der Vorrat reicht. Heißt es "Ausverkauft", muss der Kunde für einen Rabatt auf einen anderen Zug wechseln oder den Grundpreis wählen und mit einem vollen Zug rechnen. Die Bahn will so die Auslastung besser steuern. Einen festen Sitzplatz kaufen die Frühbucher jedoch nicht. Dieser muss wie bisher extra reserviert werden. Für alle Angebote gilt auch der Mitfahrerrabatt. Bis zu vier Mitfahrer zahlen künftig nur die Hälfte.
Die BahnCard ermäßigt künftig alle Preise des Fernverkehrs um 25 Prozent, so dass in Verbindung mit einer Frühbuchung für einen Alleinreisenden Rabatte von bis zu 55 Prozent möglich sind. Die BahnCard kostet künftig für die 2. Klasse 60 Euro und damit 117,35 statt bisher 270 Mark sowie in der 1. Klasse 150 Euro. Vielfahrer können künftig umsatzabhängig mit bevorzugter Betreuung rechnen. Ziel sei es, die BahnCard zu einer Mobilitätskarte auszubauen, die "in jeden Haushalt" gehört, sagte Mehdorn. Hierzu verhandelt die Bahn auch mit Verkehrsverbünden, wo die Karte bisher meist nicht gilt.
Die Familien-BahnCard, bei der Erwachsene nur bei Fahrten mit ihren Kindern, jedoch nicht bei Alleinreise sparten, wird abgeschafft. Statt dessen erhalten Familienmitglieder für zusätzliche fünf Euro eine eigene BahnCard. Kinder bis 14 Jahren reisen mit ihren Eltern oder Großeltern kostenlos, bei Alleinreise erhalten sie einen Kindertarif.
Der Fahrgastverband PRO BAHN, der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sehen für den Fernverkehr deutliche Verbesserungen. Schlechter gestellt würden aber jene, die die BahnCard im Nahverkehr nutzen, für die sich jedoch der Kauf einer Zeitkarte nicht lohne. Dies seien nur zwei Prozent der BahnCard-Kunden, hielt Mehdorn Kritikern vor. Die Verbände forderten hier jedoch Nachbesserungen. Als Erfolg der eigenen Kritik wertete PRO BAHN-Sprecher Frank von Meißner, dass die Bahn die bisherige BahnCard noch ein Jahr lang parallel zur neuen BahnCard anbieten wird.
Das neue System wird erst im Herbst 2002 eingeführt, da die Bahn bis dahin für jede denkbare Zugverbindung in Deutschland verschiedene Grundpreise kalkulieren muss. Dies seien 22 Millionen Relationen, sagte Mehdorn und ergänzte: "Eine Airline ist dagegen ein richtiger Kindergarten."