Helmut Kohl
Kohl wird in seiner Haltung von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) bestärkt. Dagegen hofft die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, dass das Gericht die Herausgabe der Akten zulässt. Sie beruft sich auf eine seit April wirksame neue Richtlinie. Diese ermöglicht Personen der Zeitgeschichte den Einblick in ihre zur Veröffentlichung bestimmten Akten.
Interesse an den Kohl-Akten hatte auch der Parteispenden-Untersuchungsausschuss des Bundestages angemeldet, der sich davon Aufschluss über die CDU-Spendenaffäre erhofft. Es wird damit gerechnet, dass das Gericht am Mittwoch eine Entscheidung trifft. Allerdings ist auch davon auszugehen, dass Kohl im Falle einer Ablehnung seiner Klage Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegt. Dann müsste die nächsthöhere Instanz den Fall neu aufrollen, die Akten wären nicht frei zur Veröffentlichung.
Am 04-07-2001
Kohls Stasi-Akten bleiben vorerst unter Verschluss
Justiz
Die Stasi-Akten von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) bleiben vorerst unter Verschluss. Das Berliner Verwaltungsgericht gab am Mittwoch in erster Instanz einer Klage Kohls gegen die Herausgabe seiner Akten statt. Damit setzte sich Kohl mit seiner Auffassung durch, dass die von der DDR-Staatssicherheit gesammelten Aufzeichnungen über ihn nicht veröffentlicht werden dürfen. Die Gauck-Behörde wertete das Urteil als Ende der Aufarbeitung der Stasi-Akten von Personen der Zeitgeschichte und kündigte Rechtsmittel gegen die Entscheidung an. Das Gericht folgte in seinem Urteil überwiegend der Argumentation des Klägers. Kohl hatte die Klage damit begründet, dass er ein "Betroffener" beziehungsweise "Dritter" im Sinne des Stasi-Unterlagengesetzes sei. Deshalb dürften keine personenbezogenen Daten über ihn veröffentlicht werden.
Der Gesetzgeber habe eindeutig den Willen gezeigt, dem Opferschutz Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der Aufklärung der Stasi-Tätigkeit einzuräumen, sagte der Vorsitzende Richter Volker Markworth. Behörden-Anwalt Carl-Stephan Schweer hatte dagegen vorgebracht, dass die Bestimmung bei strenger Auslegung praktisch dazu führe, dass sie keinen Anwendungsbereich mehr hätte. Dies könne der Gesetzgeber nicht gewollt haben.
Die Chefin der Stasi-Unterlagen-Behörde, Marianne Birthler, sagte, sie werde "selbstverständlich" Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. Falls die Gerichtsentscheidung Bestand hätte, wäre dies ein "empfindlicher Rückschlag" für die Aufarbeitung der Stasi-Tätigkeit und für die Rechte von Wissenschaft und Medien. Das Urteil stehe im Widerspruch zu allen Kommentaren des Gesetzes und zu einer zehnjährigen unbeanstandeten Praxis bei der Herausgabe von Akten, sagte sie.
Birthler warnte, "wesentliche Quellen" für die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit könnten versiegen. Sie "denke nicht gern daran, wer sich heute abend alles freut". Ausgerechnet der Kanzler der Einheit gebe Anlass für diese Freude. Sie forderte den Gesetzgeber zu einer Klarstellung auf, damit eine weitere Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit möglich sei.
Der frühere Behördenchef Joachim Gauck sagte, er könne sich nicht vorstellen, "dass der Spruch Bestand haben wird." Er habe sich "mehr Weitsicht und Souveränität" von Kohl gewünscht. Jetzt stehe der Alt-Kanzler auf der Seite der Kritiker des Gesetzes, das er selbst mit verfasst hatte. Kritik kam auch von SPD-Fraktionschef Peter Struck. Er sagte, er sei "anderer Rechtsauffassung" als das Gericht. Struck empfahl Birthler, das Urteil nicht zu akzeptieren und in die nächste Instanz zu gehen.
Am 05-07-2001
Der Streit um Kohls Stasi-Akten
Chronik
Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin verhandelt am Freitag die Klage von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) gegen die Herausgabe seiner Akten durch die Stasi-Unterlagenbehörde. Wir dokumentieren den Verlauf des Streits: 6. April 2000: Kohl beantragt Einsicht in seine Stasi-Akten
- September 2000: Kohl nimmt Einsicht in die Unterlagen.
- September 2000: In einem Gutachten bemängelt das Bundesinnenministerium die bisherige Herausgabepraxis.
- Oktober 2000: Ein Gutachten der Behörde bestätigt die Praxis.
- Dezember 2000: Kohl reicht beim Berliner Verwaltungsgericht Klage gegen die Herausgabe seiner Akten ein.
- Januar 2000: Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) stützt die Rechtsauffassung von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) nach einer strikteren Handhabe der Akten für mehr Persönlichkeitsschutz.
- April 2001: Eine neue Richtlinie zur Aktenherausgabe tritt in Kraft. Betroffene werden jetzt über die bevorstehende Herausgabe informiert und können Einwände erheben.
- Juli 2001: Das Berliner Verwaltungsgericht gibt der Klage Kohls statt. Die Beauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, kündigt noch am selben Abend Rechtsmittel gegen das Urteil an.
- Juli 2001: Schily fordert von Birthler die schriftliche Bestätigung, dass sie künftig die Akten Prominenter entsprechend dem Urteil nicht mehr herausgibt.
- August 2001: Birthler beantragt mit Zustimmung Kohls eine Sprungrevision beim Bundesverwaltungsgericht zum Urteil des Berliner Gerichts. Sie kündigt an, weiterhin Prominentenakten herauszugeben.
- August 2001: Schily droht Birthler erneut mit Rechtsaufsicht.
- August 2001: Birthler fordert erneut eine Klarstellung des Gesetzes durch den Bundestag.
- September 2001: Birthler gibt Schily schriftlich, dass sie die Akten Prominenter wie gehabt herausgeben wird.
- September 2001: Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) warnt in einem Schreiben an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) vor einer Gesetzesänderung und kritisiert die "rechtswidrige" Praxis Birthlers.
- September 2001: Das Berliner Verwaltungsgericht lässt die Revision zu.
- September 2001: Schily und Birthler nähern sich bei einem erneuten Treffen nicht an.
- September 2001: Die Grünen-Fraktion fordert in einem einstimmig verabschiedeten Beschluss die Änderung des Stasi-Unterlagengesetzes.
- November 2001: Thierse befürwortet eine Neufassung des Gesetzes, um weiterhin die Akteneinsicht zu ermöglichen.
- November 2001: Schily will das Gesetz ebenfalls ändern, allerdings in die andere Richtung. Im Bundestag fordert er einen besseren Schutz Betroffener vor der Herausgabe ihrer Akten.
- Januar 2002: Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Rolf Schwanitz (SPD), spricht sich für eine ersatzlose Streichung des Passus "Betroffene und Dritte" im Gesetz aus.
- März 2003: Birthler fordert erneut eine klare gesetzliche Regelung für die Aktenherausgabe.
Am 08-03-2002
Die Schlüsselparagrafen des Stasi-Unterlagengesetzes
Kohl gegen Birthler
Der Streit um die Herausgabe der Stasi-Akten von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und anderer Prominenter an Journalisten und Wissenschaftler dreht sich im Wesentlichen um Paragraph 32 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vom 20. Dezember 1991. Dort heißt es in Absatz 1: "Für die Forschung (...) sowie für Zwecke der politischen Bildung stellt der Bundesbeauftragte folgende Unterlagen zur Verfügung: (...) Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger in Ausübung ihres Amtes, soweit sie nicht Betroffene oder Dritte sind, (...), soweit durch die Veröffentlichung keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der genannten Personen beeinträchtigt werden." Als Betroffene definiert das Gesetz all jene, die gegen ihren Willen von der Stasi ausspioniert wurden.
In Absatz 3 ist explizit die Handhabung personenbezogener Daten geregelt. Diese dürfen nur herausgegeben werden, "wenn die Personen (...) eingewilligt haben oder es sich um Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger in Ausübung ihres Amtes, soweit sie nicht Betroffene oder Dritte sind (...) gehandelt hat, und durch die Veröffentlichung keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der genannten Personen beeinträchtigt werden."
Paragraf 34 besagt: "Für die Verwendung von Unterlagen durch Presse, Rundfunk, Film (...) und die für sie journalistisch-redaktionell tätigen Personen gelten die §§ 32 und 33 entsprechend." (Paragraf 33 regelt das Herausgabeverfahren.)
Zum Stasi-Unterlagengesetz www.bstu.de/rechtl_grundl/stug/stug_deutsch.htm#32
Am 08-03-2002
Die Verarmung soll ihren Ursprung in der Politik Helmut Kohls haben
"Geistig-moralische Wende"
Führende Gewerkschafter schreiben der Regierung unter Helmut Kohl (CDU) eine wesentliche Verantwortung für die Entstehung einer neuen Unterschicht in Deutschland zu. "Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter", sagte ver.di-Vizechefin Margret Mönig-Raane der "Berliner Zeitung". Es werde höchste Zeit, dass die Politik die negativen Folgen ihres eigenen Handelns beseitigt. Ursprung der gesellschaftlichen Entwicklung sei die "geistig-moralische Wende" der schwarz-gelben Koalition in den Achtziger Jahren. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg. Ihn störe der Begriff Unterschicht, sagte er. Richtig sei aber, dass weite Teile der Gesellschaft inzwischen in Armut lebten. Bei der Ursachenforschung "muss man anfangen bei der geistig-moralischen Wende", die Kohl nach seinem Regierungsantritt 1982 ausgerufen hat.
"Richtig ist aber auch, dass es nach der deutschen Einheit erhebliche Verwerfungen in der Gesellschaft gab", sagte Möllenberg. Neben der Politik trage daran auch die Wirtschaft eine Mitschuld.
Mönig-Raane sagte, auch die jüngsten Reformen der schwarz-roten Regierung in den Bereichen Arbeitsmarkt und Gesundheit seien nicht dazu geeignet, die Probleme der immer größer werdenden Unterschicht zu lösen. "Stattdessen wird diese Politik lediglich dafür sorgen, dass sich Armut und Perspektivlosigkeit in der Mitte der Gesellschaft fest verankern."
Am 20-10-2006
Hausmann wird Chefredakteur des "Bayernkurier"
Kohls Regierungssprecher
Der künftige Chefredakteur des CSU-Parteiorgans "Bayernkurier", Peter Hausmann, freut sich auf seinen neuen Posten. Es werde eine "spannende" und im Zeitalter von Multimedia auch "schwierige Aufgabe", sagte der 57-Jährige am Dienstag (26. August) in München. Hausmann, der nach seiner Zeit als Regierungssprecher von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) in den Hintergrund gerückt war, kehrt damit auf die politische Bühne zurück. Er selbst betont zwar, "Ich war nie weg", doch zuletzt war er lediglich ehrenamtlich als Vorsitzender eines Münchner CSU-Ortsverbands und im Bezirksvorstand der Partei tätig. Beruflich ist er als Seniorpartner bei der PR-Agentur Pleon aktiv.
Hausmann hat die Münchner Journalistenschule absolviert und danach beim "Münchner Merkur" sowie bei Bayerischen Rundfunk gearbeitet. Dann holte ihn Kohl nach Berlin. Anschließend wurde er Partner bei der Beratungsfirma Deloitte.
Der bisherige "Bayernkurier"-Chefredakteur Peter Schmalz geht im November mit 65 Jahren in den Ruhestand. Er sagte, er halte die Nachfolge durch Hausmann für die "optimale Lösung". Dieser sei ein politischer Journalist und sehr stark in der CSU verankert. Schmalz betonte, er übergebe das Blatt "mit konsolidierten Finanzen". Die Auflage des "Bayernkuriers" liegt wöchentlich bei 70.000 Exemplaren.
Am 26-08-2008