Hintergrund des Streits mit der Pharma-Industrie sind Neuberechnungen des Bundesgesundheitsministeriums, wonach die Einsparungen der Krankenkassen durch die neuen Festbeträge nicht 650, sondern mehr als 700 Millionen Mark betragen sollen. "Ich glaube, dass die Pharma-Industrie dies verkraften kann", sagte Schmidt. Sie betonte, sie wolle die Arznei- und Heilmittelbudgets neu regeln. Damit solle auf Dauer sichergestellt werden, dass die Menschen weiterhin Innovationen verordnet bekämen. Dort, wo gleichwertige billigere Medikamente vorhanden seien, müssten diese aber auch verschrieben werden. Zudem wolle sie Solidarität zwischen den Krankenkassen stärken.
Darüber hinaus will Schmidt das Medizinstudium noch in dieser Legislaturperiode stärker an der Praxis ausrichten. Zu der seit 1997 im Bundesrat auf Eis liegenden Novelle der Approbationsordnung habe sie einen Kompromiss erarbeitet, der auch von der Kultusministerkonferenz akzeptiert worden sei. Demnach soll der Unterricht am Krankenbett auf 36 Semesterwochenstunden erhöht werden. Eine Reduzierung der Zahl der Studenten sei hingegen nicht mehr vorgesehen. Das noch unter dem früheren Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) erstellte Gesetz war bisher am Widerstand der Kultus- und Gesundheitsminister gescheitert, die die ursprünglich geplante Senkung der Studentenzahl um 20 Prozent nicht mittragen wollten.
Der Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses, Klaus Kirschner (SPD), forderte angesichts der "bedrohlichen" Finanzsituation bei den gesetzlichen Krankenkassen von Schmidt die Umsetzung der Gesundheitsreform 2000. Er halte er nichts davon, wenn ständig nach neuen Reformen oder Ideen gerufen werde. Er bekräftigte seine Forderung nach einer schnellen Einführung der Positivliste für Arzneien. Diese könne nicht - wie von Schmidt geplant - erst 2003 in Kraft treten. Ähnlich hatte sich SPD-Fraktionschef Peter Struck geäußert.
Der Präsident des Sozialverbands VdK, Walter Hirrlinger, forderte eine Halbierung der Mehrwertsteuer auf Arznei-, Heil- und Hilfsmittel. Die Bundesregierung müsse ihren Teil zur Entlastung der Beitragszahler und zur Verringerung der Lohnnebenkosten beitragen.
Der Vorsitzende der Ärzteorganisation Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, wies Schmidts Aussagen vom Wochenende zurück, wonach das Gesundheitswesen an "mangelnder Qualität", nicht aber an zu wenig Geld leide. Diese Behauptungen seien "fahrlässig" und "diskreditierten" die Arbeit der Ärzte. Montgomery warnte, die Ministerin sei "auf dem besten Weg, den für den Runden Tisch notwendigen Konsens zwischen Politik, Krankenhäusern und Ärzten zu verlassen".