DIE Internet-Zeitung
Atomkonsens

Haftung bei Atom-Katastrophen noch nicht geklärt

Am

Der Kompromiss zum Atomausstieg ist nach Ansicht des Deutschen Atomforums noch nicht vollends unter Dach und Fach. Zwischen Konzernen und Regierung sei die Haftungsfrage noch strittig, sagte Forumspräsident Gert Maichel am Sonntag im Südwestrundfunk (SWR). Wahrscheinlich werde es eine "Solidarfondslösung" geben. Dabei würden die Kraftwerksbetreiber weiter für ihre eigenen Anlagen haften, im Schadensfall jedoch füreinander einspringen, erklärte Maichel, zugleich Vorstandschef des Energiekonzerns RWE.


Die AKW-Betreiber E.ON Energie, RWE Power, Energie Baden-Württemberg und Hamburgische Elektricitäts-Werke

wollen sich mit diesem Modell gegenseitig versichern, um nach Angaben des "Spiegel" Versicherungsprämien in Höhe von 100 Millionen Mark im Jahr einzusparen. Sie wollen damit der rot-grünen Planung nachkommen, die Haftungssummen bei einer Atom-Katastrophe auf 5 Milliarden Mark zu verzehnfachen. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums bestätigte, die Konzerne könnten den Versicherungsnachweis durch Versicherungspolicen oder durch "eine gleichwertige Regelung" erbringen.

Versicherungsunternehmen kritisierten, eine solche Haftungsregelung könne die Energieunternehmen überfordern, sie seien auf die Regulierung der zu erwartenden Schäden "überhaupt nicht eingerichtet". Auch von Atomkraftgegnern war zum Vorschlag nichts Gutes zu hören: Sie fordern bereits seit längerem eine ausreichende Versicherung der deutschen Atomkraftwerke. Die Schäden bei einem GAU liegen nach dem Ergebnis verschiedener Studien bei fünf bis 12 Billionen Mark für Gesundheits-, Sach- und Vermögensschäden - dem Zehn- bis Zwanzigfachen des Bundeshaushaltes.

Dennoch geht Maichel davon aus, dass der Atomkonsens am 11. Juni von Atomwirtschaft und Bundesregierung unterschrieben werde. Der Ausstiegs-Kompromiss sei ein Vertrag, der erfüllt werde, solange "das jetzige Gesetz gilt". In einer Demokratie mit wechselnden Mehrheiten könne die Kernkraftnutzung unter einer anderen Regierung eine Wiedergeburt erleben. Als Beispiel nannte er den Pro-Atom-Kurs der neuen US-Regierung.

Die Atomtransporte sind nach Ansicht des RWE-Vorstandschefs bis zum Jahr 2005 nötig. Neuverhandlungen mit den Franzosen und den Briten könnten schon bald beginnen. Allerdings müssten die deutschen Behörden zuvor die geplanten Atommüll-Zwischenlager genehmigen, woran er keinen Zweifel habe.

Kritik an Bestandsgarantien für Atomkraftwerke

Atomkonsens

Die am 11. Juni geplante Unterzeichnung des Atomkonsens durch Bundesregierung und Stromwirtschaft wird von Teilen der Grünen und Umweltschützern weiter kritisch gesehen. Die Fraktionschefin der Grünen im niedersächsischen Landtag, Rebecca Harms, warnte vor Zugeständnissen bei atomrechtlichen Sicherheitsbestimmungen. Auch nach der Unterzeichnung dürfe es keine "Sicherheitsrabatte" geben, sagte Harms. Die mit dem Vertrag vereinbarte "Friedenspflicht" zwischen Bundesregierung und Atomwirtschaft dürfe nicht zu Lasten der Sicherheit gehen. Genau dies befürchten Umweltschützer. Sie werfen der rot-grünen Bundesregierung zudem vor, den Atomkraftwerken eine Bestandsgarantie gegeben zu haben. Harms fügte hinzu, der Atomkonsens habe den Konflikt um den Standort Gorleben nicht befrieden können. Auch hätten die Grünen keine Zugeständnisse bei der atomaren Wiederaufbereitung und bei der Förderung von Strom aus der Kraft-Wärme-Kopplung durchzusetzen können. "Es gab keine optimale Strategie", räumte die Grünen-Politikerin ein.

Harsche Kritik kam von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Die Vereinbarung habe nichts mit einem tatsächlichen Atomausstieg zu tun, sagte Greenpeace-Atomexpertin Susanne Ochse der ddp in Hamburg. Vielmehr sichere die Regierung den Kraftwerksbetreibern den Weiterbetrieb ihrer Anlagen zu. Ochse kritisierte außerdem das Verfahren zur Einigung beim Atomausstieg. Durch das Zugeständnis, zunächst der Industrie und dann erst dem Kabinett die Novelle des Atomgesetzes vorzulegen, sei die Regierung "erpressbar". Mit der Festschreibung des Atomausstiegs am 11. Juni würden nun nachträgliche Änderungen durch das Parlament nahezu unmöglich, ohne den Konsens zu gefährden, sagte die Greenpeace-Expertin.

Der Atomindustrie hielt Ochse vor, auf Zeit zu spielen. Die vereinbarten Laufzeiten je Kraftwerk von 32 Jahren umgerechnet auf eine Gesamtstrommenge sichere ihnen einen so langen Betrieb zu, dass sie auf eine Wiedereinstieg hofften. Dies räumten die Konzerne auch offen ein. Durch die Zusicherung der Restlaufzeiten falle es den Betreibern der Kraftwerke zudem "leicht", eine drohende Abschaltung wegen technischer Störungen als "Schikane" hinzustellen, sagte die Greenpeace-Expertin.

Der Atomkonsens wurde am 15. Juni 2000 von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Vertretern der Energiekonzerne vorgestellt. Die endgültige Unterzeichnung ist für den 11. Juni angekündigt.

Am 05-06-2001

Ärzteorganisation IPPNW erwägt Verfassungsklage gegen Atomkraftwerke

Atomkonsens

Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW lehnt die Atomkonsensvereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Atomwirtschaft ab, die am kommenden Montag in Berlin unterzeichnet wird, und erwägt Verfassungsklage gegen den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke "Der Atomkonsens widerspricht dem geltenden Atomgesetz und der Verfassung", sagte Ute Watermann, Sprecherin der IPPNW. Weder würden die im Atomkonsens vereinbarten Sicherheitsstandards dem vom Gesetz geforderten Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen, noch dürften Atomkraftwerke ohne vorhandenes Endlager oder angemessene Haftpflichtversicherung weiterbetrieben werden. Die Ärzteorganisation kritisiert, das mit dem Konsens der widerrechtliche Betrieb der Atomkraftwerke für die nächsten Jahrzehnte ermöglicht werden soll. In der am 14. Juni 2000 paraphierten Vereinbarung der Bundesregierung mit der Atomwirtschaft verpflichte sich die Bundesregierung, keine Initiative zu ergreifen, um den derzeitigen Sicherheitsstandard der Atomkraftwerke und die diesem zugrundeliegende Sicherheitsphilosophie zu ändern. "Bei Einhaltung der atomrechtlichen Anforderungen gewährleistet die Bundesregierung den ungestörten Betrieb der Anlagen." Diese Zusicherung sei weder mit dem Atomgesetz noch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vereinbar, die eine ständige Anpassung der Anlagen an den Stand von Wissenschaft und Technik verlange. Seit der Verschärfung der sicherheitstechnischen Anforderungen für neue Atomkraftwerke, die unter der Regierung Kohl 1994 im Atomgesetz verankert wurde, stehe juristisch unzweifelhaft fest, dass die Sicherheitstechnik der laufenden deutschen Atomkraftwerke nicht dem Stand der Wissenschaft entspreche.

Auch der Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission, Lothar Hahn, betone seit Jahren, dass die laufenden Atomkraftwerke nach dem heute geltenden Atomgesetz nicht mehr genehmigungsfähig wären. Ein solcher Sicherheitsrabatt für die laufenden Atomkraftwerke ist aber nach Auffassung der IPPNW verfassungs-widrig. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem „Kalkar-Urteil" festgestellt, dass die notwendige Anpassung der laufenden Atomkraftwerke nicht "durch das technisch gegenwärtig Machbare begrenzt" werden dürfe. "Da aber eine Anpassung der deutschen Atomkraftwerke an den Stand der Wissenschaft rein technisch nicht möglich ist, ist ihr Betrieb rechtswidrig", so Watermann.

Zum selben Ergebnis kommt die Ärzteorganisation bei der Frage der Entsorgung des Atommülls. Das geltende Atomgesetz verlange entweder eine "schadlose Verwertung" oder eine "geordnete Beseitigung". Die Wiederaufarbeitung sei allerdings alles andere als eine schadlose Verwertung. Und die jetzt von der Bundesregierung und der Atomwirtschaft angestrebte jahrzehntelange Zwischenlagerung sei keine "geordnete Beseitigung". Ein sicheres atomares Endlager sei weder vorhanden noch in Sicht. Watermann: „Das kann bei Anwendung des geltenden Atomrechts nur die Konsequenz haben, dass die Atomkraftwerke sofort vom Netz genommen werden müssen, um eine weitere Atommüllproduktion zu vermeiden."

Die Nicht-Beachtung des geltenden Atomrechts stellt die IPPNW auch hinsichtlich des Versicherungsschutzes Dritter für den Fall eines Super-GAU fest. Die vorgeschriebene Überprüfung und Anpassung der Deckungssumme im 5-Jahres-Turnus werde seit Jahrzehnten schlichtweg unterlassen. Jetzt verzichte die Bundesregierung selbst für die versprochene Erhöhung der Deckungssumme auf 5 Milliarden DM auf die Durchsetzung eines realen Versicherungsschutzes durch eine Haftpflichtversicherung. Doch auch eine solche Versicherungssumme wäre angesichts von offiziell erwarteten Schäden in Höhe von 10 000 Milliarden DM nach Auffassung der Neuen Richtervereinigung (NRV) verfassungsrechtlich nicht hinreichend. Denn damit seien unter anderem die Eigentumsrechte der Bevölkerung und die anderer Unternehmen nach Artikel 14 des Grundgesetzes nicht hinreichend geschützt.

Watermann: "Angesichts eines Super-GAU-Risikos von 2% fordern wir die sofortige Abschaltung der Atomkraftwerke. Wir stützen uns hierbei auf das Bundesverfassungsgericht, nach dem ‘bereits eine entfernte Wahrscheinlichkeit’ genügen muss, um die Schutzpflicht des Gesetzgebers und der anderen Staatsgewalten ‘konkret auszulösen’."

Die IPPNW-Ärztin verweist zudem auf von offizieller Seite bestätigte Studien, die in der Nähe von Atomkraftwerken erhöhte Kinderkrebsraten festgestellt haben. "Es ist unerträglich, wenn das nicht dazu führt, dass die Atomkraftwerke endlich abgeschaltet werden", so Watermann.

Am 08-06-2001

Erste Proteste gegen neuen Castor-Transport

Atomkraft

Ein weiterer Atommülltransport aus den Atomkraftwerken Biblis in Hessen und dem baden-württembergischen Phillipsburg wird am Montag in die französische Wiederaufbereitungsanlage La Hague rollen. Nach übereinstimmenden Angaben von Polizei und AtomkraftgegnerInnen sollen die Züge mit jeweils zwei Behältern für abgebrannte Brennelemente im südpfälzischen Wörth am Rhein zusammengekoppelt und dann über den Grenzübergang Lauterbourg zur französischen Wiederaufbereitungsanlage in La Hague gebracht werden. Die Ankunft in La Hague ist für Mittwoch geplant. Der Transport war ursprünglich bereits für letzte Woche vorgesehen. Ursache für die Verschiebung sei eine massive Überlastung der Polizei aufgrund der seit Ende März wieder rollenden Atomtransporte, erklärte die bundesweite Anti-Atom-Kampagne "X-tausendmal quer". Seit dem Castor-Transport nach Gorleben darf hochradioaktiver Atommüll wieder zu den Plutonium-Fabriken in La Hague und Sellafield gebracht werden. Bei den bisher drei Transporten im April und Mai kam es bundesweit zu Aktionen von AtomkraftgegnerInnen. Jedesmal waren zwischen 5.000 und 10.000 PolizeibeamtInnen zum Schutz der Atomzüge im Einsatz. Polizeigewerkschaften, Innenminister der Länder und Bundesinnenminister Schily streiten derzeit hinter den Kulissen um die so nicht mehr aufrechtzuerhaltende Belastung der Einsatzkräfte. Alleine in diesem Jahr sind mehr als 50 weitere Transporte ins Ausland geplant. Zusätzlich soll im Herbst ein weiterer Castor-Zug nach Gorleben rollen.

Auch der jetzige Transport wird wieder von einem starken Polizeiaufgebot begleitet. Allein in Philippsburg werden mehr als 1.000 Beamte im Einsatz sein, kündigte die baden-württembergische Polizei bereits in der vergangenen Woche an. Zudem sollen zahlreiche Kräfte des Bundesgrenzschutzes die Strecke absichern. Die Einsatzleitungen in Hessen und Rheinland-Pfalz wollten am Sonntag aus "sicherheitstechnischen Gründen" keine Angaben über die Zahl der von ihnen eingesetzten Beamten machen.

"Es ist schlicht ein Skandal, wenn Bundesregierung und Atomwirtschaft unterschrieben wollen, daß dieser europäische Atommülltourismus noch bis 2005 weitergehen soll. Damit würde alleine in La Hague die angelieferte Menge ausreichen, um die Fabrik noch bis 2015 weiterbetreiben zu können, mit verheerenden Auswirkungen für Umwelt und AnwohnerInnen", sagt "X-tausendmal quer"-Sprecher Jochen Stay. Nötig seien ein sofortiges Ende der Wiederaufarbeitung und der Stopp der Atommüllproduktion in der AKWs. "Alles andere ist nicht zu verantworten."

Bereits am heutigen Sonntag gab es friedliche Demonstrationen gegen die Transporte. Protestaktionen soll es in den nächsten Tagen an den AKW-Standorten sowie im deutsch-französischen Grenzgebiet zwischen Wörth und Lauterbourg sowie in Frankreich geplant. Der letzte Atomtransport nach La Hague fand am 15. Mai statt.

Am 10-06-2001

Atombosse mit Gesetzentwurf von Trittin zufrieden

Atomgesetz

Die Atomwirtschaft ist mit dem Gesetzentwurf von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) zum Atomausstieg sehr zufrieden. Unter den derzeitigen politischen Rahmenbedingungen sei der Entwurf ein "akzeptabler Kompromiss", teilte das Deutsche Atomforum am Donnerstag in einer Stellungnahme zu dem Entwurf in Berlin mit. Die Novelle entspreche Inhalt und Geist der am 11. Juni 2001 unterzeichneten Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgern. In der Sache sei der Atomausstieg jedoch energiewirtschaftlich wie klimapolitisch falsch. Nach Einschätzung der Atomwirtschaft ist die Nutzung der Atomenergie in Deutschland bislang wirtschaftlich erfolgreich und ethisch verantwortbar. Da in einigen Ländern auch der Neubau von Kernkraftwerken erwogen werde, müsse die Bundesregierung weiterhin "uneingeschränkt" sicherstellen, dass "wirtschaftliche Aktivitäten" der deutschen Hersteller- und Zulieferindustrie auf dem nationalen und internationalen Nukleartechnik-Markt nicht behindert würden. Auch in der Forschung dürfe es nicht zu einem "technologischen Fadenriss" kommen.

Energiewirtschaft und Bundesregierung hatten im Juni eine Vereinbarung über den jahrlangen Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke unterzeichnet. Nach jahrelangem Ringen einigten sich beide Seiten, die 19 in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke teilweise noch gut zwei Jahrzehnte weiterlaufen zu lassen. Der Transport deutschen Atommülls in die Wiederaufarbeitung atomarer Brennstäbe soll 2005 enden. Neue Atomkraftwerke darf es nicht mehr geben.

Die Betreiber können zudem an den jeweiligen Kraftwerks-Standorten Zwischenlager errichten und diese als Nachweis für die Entsorgung des Atommülls anführen - trotz des noch immer fehlenden atomaren Endlagers. Die Bundesregierung sichert den Betreibern den ungestörten Betrieb der Atomkraftwerke zu.

Die Novelle des Atomgesetzes soll bis Jahresende den Bundestag passieren. Eine Verbändeanhörung zu der Novelle findet am Montag in Bonn statt.

Am 02-08-2001

Deutsche Bauteile für indische Atomraketen?

Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt gegen die Montanhydraulik GmbH aus Holzwickede (Kreis Unna) wegen des Verdachts illegaler Lieferungen für das indische Atomraketenprogramm. Wie ein Behördensprecher am Montag mitteilte, stehen drei Mitarbeiter des Unternehmens im Verdacht, 1997 Hydraulikzylinder für den Bau von Raketenabschussrampen nach Indien geliefert und damit gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben. Seit Anfang des Jahres werde gegen die Firma ermittelt, hieß es. Ermittler durchsuchten am 17. Juli die Geschäftsräume des Unternehmens. Die Behörden waren durch einen anonymen Hinweis in der Deutschen Botschaft in Neu Delhi informiert worden.

Das Unternehmen wies die Vorwürfe am Montag zurück und erklärte, es habe laut Exportlizenz lediglich Hydraulikzylinder für Brückenlegefahrzeugpanzer exportiert. Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft weiter sagte, sei noch nicht abzusehen, bis wann ein Ermittlungsergebnis vorliegt.

Am 06-08-2001

Scharfe Ablehnung für Trittins Atom-Ausstiegsgesetz

"Experiment mit SuperGAU"

Bei der heutigen Anhörung im Bonner Umweltministerium ist der von Bundesminister Trittin vorgelegte Entwurf für ein Gesetz "zur geordneten Beendigung zur Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität" auf scharfe Kritik gestoßen. "Es ist schlicht unverantwortlich, eine Regellaufzeit von 32 Jahren für Atomkraftwerke zu garantieren und das Experiment mit einem möglichen SuperGAU in Deutschland zu wagen," kritisierte der Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR), Hubert Weinzierl. Nach der vorgesehenen Neufassung des Atomgesetzes soll während der Restlaufzeiten der 19 deutschen AKWs nochmals genau so viel Atomstrom produziert werden wie seit Inbetriebnahme des ersten Reaktors im Jahre 1968 bis heute. Dabei geht nach Auskunft des DNR aus der deutschen und amerikanischen Risikostudie über mögliche Atomunfälle hervor, dass statistisch gesehen alle 25 Jahre in einem der 400 Atomkraftwerke weltweit ein SuperGAU eintreten kann.

Die Nutzung der Atomenergie sei neben den Risiken beim Betrieb auch wegen der erheblichen Risiken bei der Gewinnung, der Herstellung, dem Transport und der Aufbereitung von Atombrennstoffen nicht länger verantwortbar. Ein sicheres Endlager für Atomabfälle gibt es weltweit immer noch nicht.

Die Wiederaufbereitung radioaktiver Reststoffe und Abfälle sollte bisher die vom Atomgesetz verlangte "schadlose Entsorgung" übernehmen. Obwohl dieses Konzept gescheitert sei, bleibt diese Entsorgung bis zum 1.7.2005 aufrechterhalten, kritisierte der DNR. Danach soll der Bau von Zwischenlagern an den Kraftwerksstandorten den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke sichern helfen. Die Risiken der Freisetzung von Radioaktivität in allen Kraftwerksstandorten in Deutschland würden dadurch geradezu zwangsläufig erhöht.

Die Abhängigkeit der Bundesregierung von den Energiekonzernen werde vor allem bei der Haftpflichtbegrenzung für Atomkraftwerke deutlich. Nach der von der Prognos-AG Anfang der 90er Jahre für das Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten Studie zur Bewertung der Schäden durch einen SuperGAU würden im Katastrophenfall Personen- und Sachschäden von bis zu 10 Billionen DM anfallen.

Die bislang geltende Deckungsvorsorge gegen die Auswirkungen großer Störfälle soll zwar von 0,5 auf 5 Milliarden DM erhöht werden. Eine wirksame Verbesserung des Opferschutzes ist nach Ansicht von Umwelt- und Ärzteverbänden damit aber angesichts der möglichen Schadenshöhe nicht gegeben. Auch die erhöhte Deckungsvorsorge deckt weniger als 0,1 % der möglichen Schäden ab.

"Es ist höchste Zeit, dass die Energiekonzerne die volle Betriebshaftpflicht ohne jegliche Begrenzung und damit deutlich höhere Versicherungsprämien übernehmen müssen," betonte DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen. Nach vorliegenden versicherungsmathematischen Berechnungen würde die Aufbringung der deutlich höheren Versicherungsprämien für die Betreiber der Atomkraftwerke die Kosten für den Atomstrom in den Bereich von etwa DM 1/kWh bringen.

Am 06-08-2001

Österreich könnte die Errichtung eines deutschen Atommülllagers verhindern

Atomkraft

Österreichische Atomkraftgegner fordern ihre Regierung dazu auf, sich vehement gegen den Bau eines atomaren Zwischenlagers für das bayerische Atomkraftwerk Isar zu wenden. Die österreichische Regierung solle sich genauso vehement gegen das Atomprojekt stark machen wie gegen die Inbetriebnahme des tschechischen Atomkraftwerks Temelin, fordert die österreichische "Plattform gegen Atomgefahr". Im bayerischen Ohu soll ein atomares Zwischenlager zur Sicherstellung des weiteren Betriebs der Atomkraftwerke Isar 1 und 2 errichtet werden, meldet die Österreichische „Plattform gegen Atomgefahr“. Die AKWs Isar 1 und 2 hätten Probleme mit der Lagerung abgebrannter Brennelemente, da die Lagerkapazitäten im AKW selbst erschöpft seien. Am 11. September beginnt in Wörth an der Isar in einem Zelt das erste Erörterungsverfahren für das 50 bis 60 Milliarden Mark teure Zwischenlager. In Deutschland gibt es bereits 45.000 Einwendungen gegen das Atomprojekt.

Die "Plattform gegen Atomgefahr" geht davon aus, dass Österreich das atomare Zwischenlager verhindern könnte, was wegen der Lagerprobleme des Atomkraftwerks Isar zu dessen Stillegung führen könnte.

Das Zwischenlager wird auch von Ministerpräsident Stoiber und der bayerische Staatsregierung abgelehnt. Insbesondere wegen der bevorstehenden Kommunal-, Bundestags- und Landtagswahlen" möchte der atomenergie-freundliche Stoiber der rot-grünen Bundesregierung Steine in den Weg legen. Die "Plattform gegen Atomgefahr" fordert - taktisch nicht unklug - die konservative ÖVP in Österreich dazu auf, gemeinsam mit Stoiber das Zwischenlager zu verhindern.

Am 03-09-2001

Gesetzentwürfe zu Atomausstieg und Biozid verabschiedet

Kabinettsitzung

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Gesetzentwürfe zum Atomausstieg und zur Einführung eines Biosiegels sowie eine Reihe weiterer Vorlagen verabschiedet.

ATOMAUSSTIEG: Mit der Novelle des Atomgesetzes soll auf der Basis des Atomkonsenses die Gesamtlaufzeit je Kernkraftwerk in Deutschland auf 32 Jahre begrenzt werden. Damit wird die Atomenergie in Deutschland nach Angaben von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) etwa bis zum Jahr 2020 "abgewickelt sein". Zudem sollen die Wiederaufbereitung atomarer Brennstäbe 2005 beendet und die Anlagenbetreiber zur Einrichtung standortnaher Zwischenlager verpflichtet werden.

NUKLEARE SICHERHEIT: Das Kabinett verabschiedete auch den zweiten Bericht der Bundesrepublik zum Übereinkommen über nukleare Sicherheit. Darin wird dargelegt, wie Deutschland dieses Übereinkommen erfüllt. Das Übereinkommen hat einen weltweit hohen Sicherheitsstandard der Atomkraftwerke zum Ziel. Die Vertragsstaaten müssen alle drei Jahre über die Erfüllung des Übereinkommens berichten und sich einer Konferenz stellen. Die nächste Überprüfungskonferenz ist im April 2002 in Wien.

BIOZID-GESETZ: Mit dem Entwurf für ein Biozid-Gesetz soll eine entsprechende EU-Richtlinie umgesetzt und der Verbraucherschutz gestärkt werden. Kernpunkt des vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurfes ist die Einführung einer Zulassungspflicht für Biozid-Produkte wie Holzschutz-, Desinfektions- und Insektenvertilgungsmittel sowie Rattengifte und Schiffsanstriche. Darüber hinaus enthält der Entwurf Regelungen zur Kennzeichnung und Werbung für solche Produkte.

WASSERHAUSHALT: Mit der Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes beschloss das Kabinett die Rahmenvorschrift zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Die Richtlinie ist Ende vergangenen Jahres in Kraft getreten. Zu den wichtigsten Neuorientierungen in der Gewässerbewirtschaftung zählt laut Bundesumweltministerium, dass künftig grenzüberschreitende Gewässer einschließlich ihrer Einzugsgebiete von den Anrainern gemeinsam bewirtschaftet werden sollen. Ziel ist es, einen guten Zustand bei allen Gewässern in der EU bis 2015 zu erreichen.

SOZIALVERSICHERUNG: Auch der Gesetzentwurf zum deutsch-chinesischen Abkommen zur Sozialversicherung wurde vom Kabinett beschlossen. Das Abkommen regelt die Beziehungen beider Staaten im Bereich der Sozialversicherung. Danach soll für Arbeitnehmer, die von ihrem Unternehmen vorübergehend im anderen Vertragsstaat beschäftigt werden, eine Doppelversicherung und damit die doppelte Beitragsbelastung zur Renten- und Arbeitslosenversicherung vermieden werden. Damit sollen Investitionen deutscher Firmen in China beziehungsweise chinesischer Firmen in Deutschland erleichtert werden.

Am 05-09-2001

Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt Atomtransporte

Atomkraft

Das Bundesamt für Strahlenschutz hat drei Atomtransporte aus dem Atomkraftwerk Stade zur französischen Wiederaufbereitungsanlage in La Hague genehmigt. Wie das BfS mitteilte, sollen die verbrauchten Brennelemente des Kraftwerks in jeweils drei Behältern vom Typ TN 17/2 befördert werden. Ein Behälter kann bis zu sieben Brennelemente aufnehmen. Durch Auflagen sei sichergestellt, dass die international festgelegten Grenzwerte für radioaktive Verunreinigungen an der Oberfläche der Behälter nicht überschritten werden, hieß es.

Außerdem genehmigte die Behörde bis zum Ende des Jahres die Rückführung von unbestrahlten SNR-Brennelementen aus der britischen Wiederaufbereitungsfirma UKAEA in Dounreay zum staatlichen Verwahrungslager des BfS im hessischen Hanau. Die Elemente seien ursprünglich für den Schnellen Brüter in Kalkar bestimmt gewesen, der aber nie in Betrieb ging. Die Nuclear Cargo + Service GmbH hatte für die notwendige Rücknahme der 82 Brennelemente vier Transporte beantragt.

Am 01-11-2001

Atomtransport wird mit Demonstrations-Verboten "geschützt"

Atomstaat

Atomkraftgegner erwarten auf der Großdemonstration am Samstag in Lüneburg rund 10.000 Teilnehmer. Sie wenden sich gegen den bevorstehenden Atomtransport in das Zwischenlager in Gorleben Anfang nächster Woche. Der Staat versucht verschiedene Demonstrationen und Proteste durch Verbote zu erschweren. Die Bezirksregierung Lüneburg verbot eine für den Sonntag geplante Demonstration mit 6.000 Teilnehmern in Splietau. Dagegen klagte die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg beim Verwaltungsgericht Lüneburg mit einem Eilantrag. Auch der Fall eines geplanten Camps von Atomkraftgegnern bei Govelin beschäftigt noch die Richter. Es war bereits am Donnerstag verboten worden. Die ersten DemonstrantInnen haben bereits Camps in der Region aufgebaut. Am Freitag waren 58 Protest-Veranstaltungen angemeldet, wie die Sprecherin der Bezirksregierung, Hilke Mammen, mitteilte. Verschiedene Camps von Atomkraftgegnern seien untersagt worden. Bestätigungen gebe es dagegen für ein Lager in Hitzacker am See für 350 Demonstranten und ein weiteres in Breese in der Marsch für 1.500 Teilnehmer.

Neben den Verboten wartet der Staat erneut mit einer massiven Polizeipräsenz auf. Teile der 15.000 Polizisten starken Sicherungsgruppe bezogen ihre Quartiere in den Landkreisen Lüneburg und Lüchow-Dannenberg. Am Freitag soll es laut Agenturberichten zu ersten Auseinandersetzungen zwischen Atomgegnern und der Polizei gekommen sein.

Die bei einem Brandanschlag beschädigte Bahnbrücke auf der Strecke des Castortransportes ist repariert. Bahn-Sprecher Hans-Jürgen Frohns sagte, die Schweiß- und Montagearbeiten seien abgeschlossen. Die Brücke sei ab Samstag wieder befahrbar. Die Kosten für die Instandsetzung beziffert die Bahn auf knapp eine Million Mark.

Am 09-11-2001

Castor rollt durch Deutschland

Atommüll

Zum zweiten Mal in diesem Jahr ist ein Atommülltransport unterwegs in das niedersächsische Zwischenlager Gorleben. Ein Zug mit sechs Castorbehältern aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague erreichte den südpfälzischen Grenzort Wörth. Nach Angaben des Aktionsbündnisses Castor-Widerstand Neckarwestheim solle der Zug anschließend über Karlsruhe, Bietigheim-Bissingen und Heilbronn weiterfahren. Wann der Zug in Gorleben eintreffen sollte, war zunächst nicht abzusehen. Bis Montagvormittag wurden nach Angaben des Polizeieinsatzleiters in Lüneburg, Hans Reime, 106 Castorgegner in Gewahrsam genommen. Der Bundesgrenzschutz hatte am Montagvormittag einen Betonblock für Ankettungsaktionen unter der Castorbahnstrecke zwischen Lüneburg und Dannenberg unbrauchbar gemacht, wie der Leitende Polizeidirektor Joachim Franklin sagte. Bei einer Protestaktion wurden nach Polizeiangaben im niedersächsischen Harlingen neun Greenpeace-Aktivisten vorübergehend in Gewahrsam genommen. Vier Aktivisten hatten sich über Gleisen an Bäumen angekettet, weitere fünf Mitglieder unterstützten die Aktion am Boden. Ein Greenpeace-Sprecher sagte, die Aktion sei nicht so verlaufen wie geplant. Absicht sei gewesen, ein Transparent über die Bahnstrecke zu spannen. In Eichdorf wurden elf Atomkraftgegner festgenommen, die mit Fässern, Kreuzen und Fackeln an den Gleisen demonstriert hatten.

Trotz geringerer Beteiligung an Demonstrationen und Blockadeaktionen ist die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg mit den Protesten bisher zufrieden. Auch in Zeiten des Krieges habe die Bewegung gezeigt, dass sie zahlreiche Menschen für den Protest mobilisieren könne, sagte der Sprecher der Bürgerinitiative, Wolfgang Ehmke. Er kritisierte den massiven Einsatz der Polizei und die Demonstrationsverbote der Bezirksregierung Lüneburg.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, wies erneut auf die enorme Belastung der Polizei durch den Castortransport hin. Die Polizei müsse nun mit 15.000 Beamten den Transport sichern, obwohl durch die Terrorismusgefahr schon eine personell angespannte Situation da sei, sagte Freiberg.

Der Zug mit den sechs Castoren hatte nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace seine Fahrt am Sonntagabend unter Protesten von Atomkraftgegnern am Verladebahnhof Valognes in Frankreich aufgenommen. Die Abfahrt sei zunächst durch eine Ankettungsaktion zweier Anti-Atom-Aktivisten um eine halbe Stunde verzögert worden, berichteten die Südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen. Am Montagvormittag musste der Castortransport zwischen den französischen Ortschaften Reding und Mommenheim zeitweise anhalten.

Bereits am Wochenende hatten im Wendland und in Karlsruhe mehrere tausend Atomkraftgegner für einen Stopp der Transporte demonstriert. Der Transport soll bis ins niedersächsische Dannenberg fahren, wo die Behälter dann auf Lastwagen umgeladen und in das Zwischenlager nach Gorleben gebracht werden sollen.

Am 12-11-2001

Castor-Transport rollt nach Deutschland

Atommüll

Erneut ist ein Atommüll-Transport von der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague auf dem Weg ins Zwischenlager Gorleben. Der Zug mit rund sechs Castoren nahm seine Fahrt am Sonntagabend unter Protesten von Atomkraftgegnern gegen 19.30 Uhr am Verladebahnhof Valognes auf, wie die Umweltschutzorganisation Greenpeace mitteilte. An der deutsch-französischen Grenze werde er voraussichtlich am Montagvormittag zwischen 10 und 11 Uhr eintreffen, sagte ein Sprecher der Organisation am Morgen. Unklar blieb aber, ob der Zug direkt weiter nach Deutschland rolle oder weitere sechs bis zwölf Stunden an der Grenze warten werde. Nach Angaben der "Südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen" war die Abfahrt des Zuges in Frankreich zunächst durch eine Ankett-Aktion zweier Anti-Atom-Aktivisten um eine halbe Stunde verzögert worden. Der Transport habe den Bahnhof Valognes zudem nur in Schrittgeschwindigkeit verlassen können, da einige Dutzend Atomkraftgegner auf den Gleisen protestiert hätten.

In Quickborn und Splietau im niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg löste die Polizei am Sonntagabend Straßenblockaden auf, an denen sich mehrere Hundert Atomkraftgegner beteiligt hatten. Bis in die Nacht dauerte eine Treckerblockade in Dannenberg auf der Bundesstraße 191 an. Die Protestaktion mit 19 Traktoren und 200 Personen sei schließlich freiwillig beendet worden, berichtete die Polizei. Ansonsten wurde die Lage bis zum frühen Morgen in der Nacht zum Montag als ruhig beschrieben. Auch die Polizei in Wörth, wo der Zug die Grenze passieren soll, meldete bis zum Morgen "noch keine Zwischenfälle".

Bei den Protestaktionen am Abend im Wendland nahm die Polizei 14 Personen fest und weitere 18 in Gewahrsam, darunter auch den Sprecher der Anti-Atom-Initiative x-1000malquer, Jochen Stay. Er wurde den Angaben zufolge noch am Abend wieder aus der Gewahrsam entlassen.

Am Wochenende hatten im Wendland und in Karlsruhe über 10.000 Atomkraftgegner für einen Stopp der Transporte demonstriert.

Am 12-11-2001

Castor-Transport erreicht Dannenberger Verladestation

Atomtransport

Der zweite Atommülltransport dieses Jahres ins niedersächsische Zwischenlager Gorleben hat die Verladestation Dannenberg erreicht. Knapp zwei Tage nach der Abfahrt aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague traf der Zug mit den sechs Castoren dort am Dienstagnachmittag ein. In Dannenberg sollten die Behälter für den Straßentransport auf Tieflader vorbereitet werden. Die Fahrt durch Niedersachsen war von einem Großaufgebot der Polizei gesichert worden. Castor-Gegner hatten immer wieder versucht, den Zug mit Blockaden aufzuhalten. Bei Bardowick gelang es ihnen, den Transport vorübergehend zu stoppen. Bei Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Atomkraftgegnern wurden mehrere Personen zum Teil schwer verletzt. Bei Bardowick nahe Lüneburg stand der Zug etwa eine Stunde. Dort hatten sich zwei Castor-Gegner an die Schienen der ICE-Strecke gekettet. Sie wurden von Polizisten losgeschnitten. Ein weiterer Versuch von Robin-Wood-Aktivisten, den Zug bei Eimstorf zu stoppen, scheiterte. Dort befanden sich zwei Atomkraftgegner auf Drahtseilen in sieben Meter Höhe über der Bahnstrecke. Polizisten beendeten die Aktion nach kurzer Zeit. Bei Tangsehl zwangen Demonstranten mit einer Gleisbesetzung den Zug kurzzeitig zum Halt. Ähnliche Aktionen gab es an weiteren Stellen der Transportstrecke.

Mehrere hundert Castor-Gegner besetzten an verschiedenen Stellen die Straßen-Transportstrecke nahe Splietau. Bei der Aufhebung der Blockade wurden 13 Demonstranten und ein Polizist verletzt. Ein Atomkraftgegner erlitt durch den Einsatz eines Schlagstocks schwere Kopfverletzungen. Weitere Demonstranten wurden von Polizeihunden gebissen.

Der Sprecher der Initiative x-tausendmal quer, Jochen Stay, bezeichnete den Einsatz von Hunden als unverhältnismäßig und rechtlich relevant. Er verstehe nicht, warum derart gewaltsam gegen Atomkraftgegner vorgegangen werde. Die Demonstranten hätten sich friedlich verhalten. Der Einsatz von Schlagstöcken und Hunden sei nicht gerechtfertigt.

Demonstranten hätten versucht, Absperrungen zu durchbrechen und seien dabei von den Hunden gebissen worden. In der Gefangenensammelstelle befanden sich nach Polizeiangaben am Dienstagnachmittag über 100 Personen.

Am 13-11-2001

Erhöhte Radioaktivität an Atomtransportbehälter

Castortransport

Bei Messungen an einem Atomtransportbehälter im Kernkraftwerk Stade ist eine deutlich erhöhte Radioaktivität festgestellt worden. Die Gutachter hätten an einem "Handhabungszapfen" des Behälters eine Strahlung zwischen 3.000 bis 7.000 Becquerel pro Quadratzentimeter festgestellt, sagte die Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums, Jutta Kremer-Heye, am Freitag. Erlaubt sei ein maximaler Grenzwert von 4 Becquerel. Menschen seien aber zu keiner Zeit gefährdet gewesen. Ob die Kontamination Auswirkungen auf den für Dezember geplanten Abtransport von verbrauchten Brennelementen in die französische Wiederaufbereitungsanlage La Hague hat, sei derzeit noch unklar. Geplant war ein Zug mit drei Behältern des Typs TN 17/2, die jeweils 17 abgebrannte Brennelemente aufnehmen können. Das Umweltministerium erwarte noch im Laufe des Tages ein Gutachten über die Ursachen der Verstrahlung, sagte Kremer-Heye.

Bei der Messung des dritten Behälters war der stark erhöhte Wert festgestellt worden. Jetzt müsse geprüft werden, ob die Belastung aus der Beladung im Abklingbecken des Kraftwerks in Stade herrühre oder der Behälter schon kontaminiert aus Frankreich eingetroffen sei, sagte die Sprecherin. Sollte der Behälter bereits kontaminiert angeliefert worden sein, wäre dies nach dem Atomrecht ein meldepflichtiger Vorfall. Wegen der Kontamination zahlreicher Behälter waren die Transporte im Jahr 1998 vorübergehend eingestellt worden.

Am 23-11-2001

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