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Atommüll-Wiederaufarbeitung

Atommüllwiederaufarbeitung: Massive Verseuchungen bestätigt

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Die Wiederaufarbeitung von Atommüll verursacht massive Verseuchungen der Umwelt und ist keinesfalls die gesetzlich geforderte "schadlose Verwertung". Entsprechende langjährige Vorwürfe von Umweltschutzorganisationen bestätigt nach Angaben des ARD-Politmagazins "Report Mainz" auch eine bislang nicht veröffentlichte Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums. Der Untersuchung zufolge werden die in Deutschland zulässigen Strahlenwerte in La Hague um den Faktor sieben überschritten, in Sellafield um den Faktor 20.


Die Studie trägt den Titel "Ermittlung der möglichen Strahlenexpositionen der Bevölkerung aufgrund der Emissionen der Wiederaufarbeitungsanlagen in Sellafield und La Hague". Sie sei dem dem Umweltministerium nachgeordneten Bundesamt für Strahlenschutz bereits im Februar 2000 vorgelegt worden, jedoch bis heute nicht veröffentlicht worden. Bisher gibt es nur eine kurz kommentierte Zusammenfassung auf der Website des Bundesamtes für Strahlenschutz.

Wolfgang Köhnlein, Strahlenbiologe an der Universität Münster und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Strahlenschutzkommission sagte in der ARD-Sendung, er halte die in der Studie ermittelte Strahlenbelastung für "nicht zumutbar, denn sie bedeutet, dass es Menschen geben wird, die dort wohnen, die infolge dieser Emissionen aus den kerntechnischen Anlagen krank werden, beziehungsweise ihre Kinder erkranken werden, und das würden sie nicht, wenn es diese Anlagen nicht gäbe."

Prof. Alexander Roßnagel, Atomrechtsexperte an der Universität Kassel, hält die Studie für juristisch relevant: "Die Brisanz dieser Studie besteht darin", so Roßnagel, "dass - die Richtigkeit unterstellt - die deutschen Betreiber gegen § 9 a Atomgesetz verstoßen, in dem sie verpflichtet werden, die Entsorgung 'schadlos' durchzuführen. Und die Studie scheint nachzuweisen, dass die Entsorgung in La Hague und Sellafield nicht schadlos erfolgt."

Auch das Europäische Parlament lässt derzeit die Strahlenbelastung durch die Wiederaufarbeitung in Sellafield und La Hague wissenschaftlich untersuchen. Der Abschlussbericht wird in den nächsten Wochen erwartet. Aus dem Zwischenbericht geht laut Report Mainz hervor, dass die Strahlenbelastung aus beiden Anlagen gegen das internationale Umweltabkommen OSPAR verstößt.

Veit Bürger von Greenpeace wirft der Bundesregierung "Betrug am Wähler" vor: Es sei sehr verwunderlich, dass die Bundesregierung auf einmal sage, die Transporte müssten sein, obwohl beide Parteien in der Vergangenheit immer wieder eine gegenteilige Meinung vertreten hätten. "Die Wiederaufarbeitung im Ausland ist illegal, weil sie in Anlagen betrieben wird, die in Deutschland nie genehmigt werden dürften, und von dem her wundert es uns sehr, dass auf einmal in der Regierungsverantwortung solche Transporte geduldet werden."

Bundesumweltminister Trittin erklärte unterdessen, "selbstverständlich" könnten "fachlich Interessierte" die Studie erhalten. Aus der Studie hätten sich keine Möglichkeiten ergeben, die Genehmigung zum Transport in die Wiederaufarbeitung zu verweigern.

Die Bundesregierung will noch bis 1. Juli 2005 1.250 Tonnen deutschen Atommüll nach La Hague und 640 Tonnen nach Sellafield transportieren lassen. Drei Behälter mit abgebrannten Brennelementen aus den Atomkraftwerken Stade in Niedersachsen und Brunsbüttel in Schleswig Holstein sollen demnächst per Bahn nach La Hague gebracht werden.

Noch im Koalitionsvertrag hatte sich die Bundesregierung vorgenommen, die Wiederaufarbeitung im Ausland innerhalb der ersten 100 Regierungstage per Gesetz zu verbieten. Allerdings könnte die Atomwirtschaft dann in arge Bedrängnis geraten: Der Betrieb der deutschen Atomkraftwerke ist nur zulässig, wenn ein "Entsorgungsnachweis" erbracht werden kann. Dieser kann entweder mittels Verträgen über die Wiederaufarbeitung oder mittels des Nachweises von Zwischenlagerkapazitäten für 40 Jahre erbracht werden. Doch Transporte in die Zwischenlager Ahaus und Gorleben arten jedes Mal in Großeinsätze von Polizei und Bundesgrenzschutz aus, kosten hunderte Millionen Mark und bringen die einheimische Bevölkerung wegen der belagerungsähnlichen Zustände auf.

Die Report-Sendung läuft am Montag um 21.00 Uhr in der ARD.

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