Der Sozialverband geht hart mit der derzeitigen Sozialpolitik ins Gericht: Gegenüber den wirtschaftlich schwachen und schwächsten Bevölkerungsschichten zeige das ansonsten eher neoliberal inspirierte Politikmodell der Neuen Mitte mit dem "aktivierenden" Staat eine deutlich autoritär und repressiv gefärbte Seite. Die Tendenz gehe eher in Richtung einer "Bekämpfung der Armen" statt einer "Bekämpfung von Armut".
Da notwendige reguläre Arbeitsplätze nicht zur Verfügung stünden, geht der Sozialverband davon aus, dass Sozialhilfebeziehende mit den Sozialagenturen in Niedriglohnbeschäftigung, prekäre Jobs und sozialhilfe-rechtliche Arbeitsgelegenheiten außerhalb des normalen Arbeitsrechts gedrängt werden sollen. "Von einer reellen Perspektive der Integration in die Erwerbsgesellschaft und einer Überwindung von Armut kann damit aber keine Rede sein", meint Friedrich-Wilhelm Herkelmann vom Landesverband NRW des Sozialverband Deutschland.
Der Verband befürchtet zudem, dass die große Mehrheit der Hilfeberechtigten, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen kann, im Zeichen der "vermittlungsorientierten" Sozialpolitik noch stärker aus dem Blick gerät.
Herkelmann kritisiert auch die behauptete "Kundenorientierung" und "Partizipation" der Sozialagenturen. Mit Angeboten, die man nicht ablehnen kann, weil sonst Sanktionen drohen, werde in der Praxis das Gegenteil bewirkt. Der Verband geht davon aus, dass die Nichtbefolgung des über längere Zeiträume ausgelegten Hilfeplans leistungsrechtliche Sanktionen auslösen kann. "Damit würden Sozialhilfeberechtigte noch stärker als bisher unter behördliche Vormundschaft gestellt und in ihrem Selbstbestim-mungsrecht eingeschränkt werden."
Grundsätzlich wendet sich der Verband gegen eine Verschmelzung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Denn damit würden die Langzeitarbeitslosen in das unterste, finanziell unzureichend ausgestattete Sicherungssystem gedrängt. "Aus unserer Sicht wäre das ein weiterer Schritt zum Abbau des Sozialstaates“, so Herkelmann.