DIE Internet-Zeitung
Ärztekongress

Patienten sollen für Ärzte zahlen

Am

Zur Eröffnung des 104. Deutschen Ärztetages in Ludwigshafen stellte die Medizinerschaft ihre Vorstellungen für die künftige Finanzierung des Gesundheitswesens vor: Ärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe forderte, das Verhältnis von Solidarität und Eigenverantwortung "neu auszutarieren". Damit rief er entschiedenen Widerstand der Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS) hervor: Eine Trennung zwischen Grundversorgung und Zusatzversorgung im Gesundheitswesen dürfe es nicht geben, sagte der GdS-Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt.


In einem Sozialstaat müsse die Sozialversicherung einen "Rundumschutz" bieten, betonte der Gewerkschaftschef. Dauderstädt sprach sich jedoch dafür aus, die Leistungen der Krankenkassen "in einem gewissen Umfang zu entschlacken". Als Beispiele nannte er versicherungsfremde Leistungen wie zum Beispiel das Sterbegeld oder Mutterschaftsleistungen. Diese sollten über Bundeszuschüsse aus Steuermitteln finanziert werden. Auch weitere Rationalisierungsreserven müssten mobilisiert werden, um die Konsolidierung der gesetzlichen Krankenkassen voranzutreiben. Zum Beispiel müsse die Weitergabe medizinischer Daten vereinfacht werden, um Doppeluntersuchungen zu vermeiden.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kündigte an, am Solidaritätsprinzip bei der Finanzierung des Gesundheitswesens festhalten zu wollen. Ungeachtet aller Finanzprobleme müsse auch künftig jeder Kranke das Recht auf gesundheitliche Leistung haben.

Elektronische Patientenakte könnte Realität werden

Gesundheitswesen

Die Idee einer elektronischen Patientenakte nimmt immer konkretere Formen an. Die Bundesregierung plant nach einem Bericht der "WirtschaftsWoche", dass alle Informationen über Patienten von Kassen, Kassenärztlichen Vereinigungen, Ärzten und Krankenhäusern in einen riesigen Datenpool eingespeist werden. Dies gehe aus einem Eckpunktepapier der nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) hervor. Das Bundesgesundheitsministerium bestätigte, dass die Regierung konkret über eine elektronische Erfassung von Patientendaten nachdenkt. Vor allem gehe es darum, die Chipkarte "intelligenter" zu nutzen. Im Zeitalter der Informationstechnologie müsse es möglich sein, Daten von Patienten auf elektronischem Wege zu übermitteln, sagte Ministeriums-Sprecherin Annelis Ilona Klug. Die elektronische Patientenakte solle umfassender sein als ein Medikamenten-Pass, wie er im Zuge des Lipobay-Skandals diskutiert werde. Klug betonte, das Eckpunktepapier sei von den SPD-geführten Bundesländern erarbeitet worden. Dabei gehe es zunächst darum, Daten für die Neuregelung des Risikostrukturausgleichs zwischen den Kassen bereitzustellen.

Auch SPD-Gesundheitsexpertin Regina Schmidt-Zadel sprach sich dafür aus, auf der Chipkarte alle Arztbesuche und Untersuchungen zu registrieren. Damit könnten Mehrfachuntersuchungen vermieden werden, sagte sie ddp. Die Politikerin verwies darauf, dass es viele Verschreibungen gebe, "bei denen die eine die andere aufhebt, weil die Ärzte und Fachärzte sich oft nicht abstimmen". Vor allem auch vor dem Hintergrund des Skandals um den Cholesterinsenker Lipobay sei es wichtig, solche Parallelverordnungen stärker ins Visier zu nehmen. Datenschutz-Probleme befürchtet Schmidt-Zadel nicht. Schließlich sei es technisch heute kein Problem mehr, Angaben zu kodieren. Auch Klug verwies auf die Möglichkeit, Daten zu "pseudonymisieren".

Am 22-08-2001

Ärzte warnen vor Gläsernem Patienten

Disease-Management-Programm der Bundesregierung

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) verteidigt das neue Disease-Management-Programm der Bundesregierung für chronisch Kranke. Diabetiker beispielsweise hätten einen Anspruch auf Behandlungen nach wissenschaftlich anerkannten Therapien, sagte Schmidt am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Mit dieser seit 1. Juli geltenden Regelung würden zugleich die Patientenrechte gestärkt, denn Kranke hätten auch Anspruch auf Qualitätskontrolle. Es könne nicht sein, dass Zuckerkranke bei drei Ärzten drei verschiedene Behandlungsmethoden unterzogen würden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hingegen warnte, das Disease-Management-Programm könne das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient zerstören. Zwar werde die Qualität der Versorgung verbessert, sagte der 2. Vorsitzende der Bundesvereinigung, Leonhard Hansen, im ARD-"Morgenmagazin". Jedoch setze mit diesen Behandlungsleitlinien für chronisch Kranke ein für Außenstehende kaum überschaubarer Datenfluss von Arzt zu Krankenkassen ein. Die Patienten müssten deshalb genau darüber aufgeklärt werden, welche Daten zu den Kassen weitergeben werden, forderte Hansen. Schmidt wies die Vorwürfe als "vorgeschoben" zurück. Die Ministerin verwies darauf, dass die Weitergabe der Daten freiwillig geschehe und die Patienten dafür unterschrieben.

Der Umgang mit entsprechenden Daten ist ein Streitpunkt zwischen Ärzten und Krankenkassen bei der Einführung der Programme. Die Ärzte warnen vor einem "gläsernen Patienten" und fürchten eine zu starke Kontrolle ihrer Arbeit durch die Krankenkassen.

Am 01-07-2002

Selbstbewusste Patienten sollen Leitbild der Gesundheitsreform sein

Patientenrechte im Gesundheitswesen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) hat dazu aufgerufen, Patientenrechte und Verbraucherschutz ins Zentrum der anstehenden Gesundheitsreform zu stellen. "Selbstbewusste Patienten und informierte Verbraucher sind die Basis für ein funktionierendes Gesundheitssystem. An diesem Ziel müssen alle Beteiligten ihre Bemühungen ausrichten", so Prof. Dr. Edda Müller bei einer Tagung in Berlin. Als eine zentrale Maßnahme, um den Patienten mehr Gehör zu verschaffen, forderte der vzbv die Einsetzung eines Patientenbeauftragten der Bundesregierung. Aus Sicht der Verbraucher beurteilte Prof. Dr. Edda Müller die bisherigen Reformschritte der rot-grünen Bundesregierung weitgehend positiv: "Prävention und Selbsthilfe sind gestärkt worden; die unabhängige Patientenberatung wird unterstützt und Patientenrechte stehen auf der politischen Agenda der Bundesregierung." Zudem habe sich die Einbeziehung von Verbraucher- und Patientenorganisationen in gesundheitspolitische Reformvorhaben verbessert.

"Trotzdem können wir hierbei nicht stehen bleiben", betonte Müller. "Von der rechtlichen Klärung des Behandlungsvertrages zwischen Patient und Arzt über die Regelungen im Schadensfalls bis hin zur Frage der Beteiligung von Verbraucher- und Patientenorganisationen in den Gremien der Selbstverwaltung bieten sich noch etliche Ansatzpunkte, um Patientenrechte und Verbraucherschutz weiter zu entwickeln." Unter anderem setzt sich der vzbv dafür ein, Behandlungsfehler in einem bundesweiten Medizinschadensregister systematisch zu erfassen.

"In Zukunft kann nicht mehr auf die Kompetenz der Betroffenenvertreter verzichtet werden", erklärte Christoph Nachtigäller, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte (BAGH). Aus der Sicht von chronisch kranken und behinderten Menschen sei es besonders wichtig, alle Behandlungs- und Versorgungsleistungen im Sinne integrierter Versorgung auf einander abzustimmen. "Diese ganzheitliche Sichtweise bezieht sich nicht nur auf die medizinische, sondern auch die soziale und persönliche Lebenssituation," sagte Nachtigäller.

An der vom vzbv gemeinsam mit der BAGH und dem Sozialverband VdK veranstalteten Konferenz unter dem Titel "Patientenschutz und Verbraucherrechte im deutschen Gesundheitswesen" nahmen neben Verbraucher- und Patientenschutzorganisationen rund 150 Vertreter aus Politik, Ärzteschaft, Pharmaindustrie, der Versicherungsbranche und Wissenschaft teil. Ziel der Veranstaltung war es, den gesundheitlichen Verbraucherschutz in Deutschland als Leitmotiv der künftigen Gesundheitspolitik zu verankern.

Am 12-09-2002

Regierung will Bonus für gesundheitsbewußte Patienten

Gesundheitsreform

Die Bundesregierung will im Rahmen der Gesundheitsreform einen Arzneimittel-Bonus für Patienten einführen, die sich gesundheitsbewusst verhalten. Das teilte der Staatssekretär der Bundesgesundheitsministeriums, Klaus Theo Schröder mit. Vorstellbar sei ein Bonus in Form verringerter Zuzahlung auf Medikamente, zum Beispiel wenn der Versicherte zuerst den Hausarzt aufsuche, sagte Schröder. Auch sollten die Kassen die Gelegenheit haben, solche Rabatte für die Inanspruchnahme von Vorsorgeleistungen zu gewähren. Die beitragsfreie Mitversicherung von Ehegatten werde laut Schröder mit der Reform nicht abgeschafft. Die sei ein "wichtiges Argument, um die Abwanderung in private Krankenversicherungen zu verhindern". Damit setzt sich Schröder dem Vorschlag der Grünen, im Rahmen der Reform die Beitragsfreiheit für Ehefrauen mit eigenem Einkommen aufzuheben, entgegen.

Auch Boni in Form von Beitragssenkungen an einzelne Versicherte schließt Schröder aus: "Davon würden nur Gesunde Gebrauch machen." Die Einnahmelücke der Kassen müssten alle anderen durch höhere Beiträge füllen.

Darüber hinaus plane Rot-Grün mit der Reform ein völlig neues System der Ärztevergütung. Gebraucht werde ein Honorarsystem für Hausärzte, das auf die Zahl der behandelten Patienten abstellt sei. Bei den Fachärzten mit klarer Fallabgrenzung seien "Behandlungs-Fallpauschalen der richtige Weg, ähnlich wie in Krankenhäusern". Dann müsse kein Arzt mehr "so viele Fälle wie möglich abrechnen". Auch wären die "Arzt-internen Streitigkeiten ums Honorar beendet". Bei Fallpauschalen erhält der Leistungserbringer für jede Behandlung einen mit den Kassen vereinbarten Festbetrag, der sich nach Art und Schwere des Krankheitsfalls richtet.

Am 10-03-2003

Gesundheitsreform belastet Patienten

Pharmakonzerne bevorteilt

Die von der Regierungskoalition, der Opposition und den Ländern ausgehandelten Eckpunkte der Gesundheitsreform sind nach Ansicht des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) „Kein großer Wurf". Die Beitragsentlastungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gingen zu großen Teilen zu Lasten der Patienten, Versicherten und Steuerzahler, so die Kritik. Durch die Ausklammerung einer „Bürgerversicherung“ sei eine Chance verpasst worden, die gesetzliche Krankenversicherung auf finanziell sichere Füße zu stellen. Positiv bewertet der Verband dagegen die Finanzierung der gesellschaftspolitischen Leistungen über die Erhöhung der Tabaksteuer sowie den Ausbau der Patientenbeteiligung. Der Verband kritisierte vor allem die hohen Zuzahlungen, die diejenigen belasteten, die Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen müssten. Als deutliche Verbesserung zur derzeitigen Situation und zum Gesetzentwurf von Ulla Schmidt sei dagegen den Ausbau der Patientenbeteiligung: Qualifizierte Anhörungs- und Mitspracherechte in den Steuerungsgremien des Gesundheitswesens und bei den Krankenkassen verschafften den Patienten mehr Rechte. Weitere positive Elemente seien die Einrichtung eines Patientenbeauftragten, die Einführung eines Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin sowie den Ausbau der integrierten Versorgung und von Gesundheitszentren. Bedauerlich sei das Aus für die Positivliste. Hier sei eindeutig die Pharmalobby bedient worden.

Die finanziell Hauptleidtragenden der Gesundheitsreform seien dennoch die Patienten: Insgesamt würden Leistungen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro ausgegrenzt und für Zuzahlungen fielen etwa 3,3 Milliarden ab 2004 an – zusammen also fast sechs Milliarden. Des weiteren müssten die Versicherten ab 2005 für den Zahnersatz etwa 3,5 Milliarden Euro zahlen und sollen ab 2007 noch einmal fünf Milliarden für das Krankengeld aufbringen. Die Gesamtbelastung für die Verbraucher summiere sich bis zum Jahr 2007 somit auf insgesamt 18,5 Milliarden. Demgegenüber schlägen die Struktureinsparungen bei Ärzten und pharmazeutischer Industrie nur mit deri Milliarden Euro zu Buche.

Am 22-07-2003

Billigkassen und Kopfpauschalen gefährden Behandlung der Patienten

Gesundheitsreform

"Die Kassenärzte behandeln jeden Patienten gleich gut, egal bei welcher Krankenkasse er versichert ist. Für uns ist das eine ethische Selbstverständlichkeit." Mit diesen Worten hat heute in Köln der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) auf Vorwürfe reagiert, einzelne Doktoren diskriminierten Mitglieder so genannter Billigkassen. Dr. Roland Stahl machte aber auch klar: "Am Kopfpauschalsystem muss sich etwas ändern. Durch den Wechsel von einer Krankenkasse zur anderen geht bisweilen ein Drittel des Geldes verloren, das die Ärzte zur ambulanten Versorgung eines Patienten zur Verfügung gestellt bekommen. Anzusprechen sind hier insbesondere die Billigkassen, also Kassen, die mit niedrigen Beitragssätzen locken. Allein im vergangenen Jahr bezifferte sich das Minus auf 213 Millionen Euro." Die Patienten müssten ein Gespür dafür bekommen, was Kassenwechsel bewirken können, so der KBV-Sprecher. "Das Budget für Menschen, die in Billigkassen versichert sind, ist schnell aufgebraucht. Ab diesem Zeitpunkt behandeln wir sie dann unentgeltlich", sagte Stahl weiter. Ginge der Run auf die Billigkassen weiter, so könne dies die medizinische Versorgung gefährden.

Die Krankenkassen zahlen an die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) pro Patient eine Kopfpauschale. Die Höhe unterscheidet sich von Kasse zu Kasse. Die KVen verteilen die Gelder an die Kassenärzte entsprechend der von ihnen erbrachten Leistungen.

Am 11-08-2003

Patienten sollen für häusliche Krankenpflege zuzahlen

Gesundheitsreform

Die Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden um 36 Prozent gekappt. Insbesondere chronisch Kranke, die zu Hause von ambulanten Pflegediensten Leistungen wie Verbandwechsel, Injektionen und Medikamentengabe erhalten, werden die Leidtragenden sein. Vorausgesetzt der Allparteien-Kompromiss zur Gesundheitsreform wird entsprechend dem vorliegenden Arbeitsentwurf umgesetzt, sagt der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa). "Die geplanten Zuzahlungen für Patienten der häuslichen Krankenpflege sind eine Katastrophe!" so Bernd Tews, Geschäftsführer des bpa, der bundesweit rund 4.000 private Pflegeeinrichtungen vertritt. "Den Politikern ist offenbar überhaupt nicht bewusst, unter welchen restriktiven Bedingungen häusliche Krankenpflege heute überhaupt nur gewährt wird und welche wichtige, Krankenhaus vermeidende Funktion, diese Leistung übernimmt" so Tews weiter.

Denn der Anspruch auf häusliche Krankenpflege setzt voraus, dass der Arzt die Leistung für dringend medizinisch erforderlich hält, keine Angehörigen sie übernehmen können und der Patient so krank und hilflos ist, dass ohne die Krankenpflege die ärztliche Versorgung gefährdet oder ein Krankenhausaufenthalt notwendig wäre. Die Krankenkassen prüfen anschließend, ob die Leistung und deren Häufigkeit und Dauer tatsächlich übernommen und genehmigt werden.

Vorgesehen sind für Leistungen der häuslichen Krankenpflege Zuzahlungen der Versicherten in Höhe von 10 Prozent des Leistungspreises, mindestens 5 EURO, höchstens 10 EURO jeweils pro Tag. Pro Jahr sollen die Zuzahlung begrenzt sein auf 2 Prozent des Jahreseinkommens bzw. 1 Prozent für chronisch Kranke, mindestens aber auf 585 EURO.

Diese hohen Zuzahlungen für ambulant versorgte Patienten bevorzugten Krankenhauspatienten und schafften Anreize, sich anstatt zu Hause im Krankenhaus behandeln zu lassen oder die medizinisch wichtige Behandlung aufzuschieben, bis der Krankenhausaufenthalt unumgänglich ist. Die maximale Zuzahlung für Krankenhausaufenthalte beträgt nur 280 Euro pro Jahr. Damit würde der politisch gewollte Vorsatz, kostentreibende Krankenhausaufenthalte zu vermeiden, ad absurdum geführt.

Skandalös ist nach Ansicht des bpa auch, dass die geplanten Zuzahlungen für die häusliche Krankenpflege teilweise höher sind als der Preis für die Leistung. Dieses verdeutlicht die am häufigsten erbrachte Leistung der Medikamentengabe. Aufgrund der niedrigen Vergütungen hierfür greift immer der tägliche Mindestbetrag von 5 EURO. Damit sind die Zuzahlungen für die Leistungen zum Teil fast doppelt so hoch wie die Vergütungen. "Die Krankenkasse würde dem Pflegedienst 2,50 EURO für die Leistung zahlen, müsste aber 5 EURO vom Patienten als Zuzahlung fordern. Das kann doch von den Politikern so nicht gewollt sein" so Bernd Tews vom bpa.

Am 18-08-2003

Ärzte wollen Patienten selber zahlen lassen

Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Die Kassenärzte fordern von der Politik eine Einschränkung der Leistungen der Krankenkassen. "Durch die Begrenzung des gesetzlichen Leistungskataloges lassen sich neue Ausgabenzuwächse verhindern", sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Manfred Richter-Reichhelm, der "Berliner Zeitung". Die Patienten müssten künftig stärker beteiligt werden. Die Politik müsse festlegen, "welche neuen Diagnose- und Behandlungsmethoden nicht mehr allein von den Krankenkassen, sondern von den Patienten selbst zu tragen sind". Ärzte und Krankenkassen könnten der Politik bei dieser Entscheidung beratend zur Seite stehen. Als Beispiel für eine absehbare Kostenlawine nannte Richter-Reichhelm die Gen-Diagnostik. "Wir haben jetzt schon die Möglichlichkeit, durch Gen-Untersuchungen mit großer Wahrscheinlich festzustellen, ob eine Frau Brustkrebs bekommen wird", sagte der Kassenärzte-Chef. Das Verfahren sei allerdings teuer und werde bei massenhafter Anwendung die finanziellen Spielräume der gesetzlichen Krankenversicherung sprengen. Es müsse dafür gesorgt werden, "dass die Kosten dieser Untersuchung nur in begründeten Einzelfällen von den Krankenkassen übernommen werden".

In der Diskussion um die Einführung von Hausarzt-Modellen warnte Richter-Reichhelm vor der Annahme, dass die Krankenkassen durch solche Schritte deutlich entlastet werden. "Selbst wenn die Zahl der Doppeluntersuchungen und Mehrfachbehandlungen drastisch sinken würde, bringt das den Krankenkassen keine spürbare Entlastung, da das Gesamtbudget für die Arzthonorierung bis 2006 festgelegt ist", sagte er.

Am 22-04-2004

Erstes Hausarztmodell spart Patienten 20 Euro und Wartezeit

AOK Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt startet am 1. Juli das erste landesweite Hausarztmodell in Deutschland. Damit nutzten die Ärzte und die AOK Sachsen-Anhalt "als erste die Chancen der Gesundheitsreform zur Verbesserung der medizinischen Versorgung" durch ein solches Modell, sagte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am Freitag in Berlin. Ein Sprecher Schmidts verwies darauf, dass mit der in der Gesundheitsreform vorgesehenen "hausarztzentrierten Versorgung" die "Lotsen- und Koordinierungsfunktion" des Hausarztes gestärkt werde. Sofern die bei dem Modell eingeschriebenen Patienten am Anfang eines Jahres 20 Euro überweisen, sind sie den Angaben zufolge für das restliche Jahr von der Praxisgebühr befreit, sparen also maximal 20 Euro. Auch werde ihnen zugesichert, dass sie nach Anmeldung in der Praxis nicht länger als 30 Minuten warten müssen.

Alle teilnehmenden Hausärzte würden zudem einen "definierten Mindest-Qualitätsstandard in ihrer Praxis vorhalten" und sich verpflichten, etwa über Fortbildungsmaßnahmen "ihre hausärztliche Kompetenz noch einmal zu verbessern", erläuterte der Sprecher weiter. Bei dem Modell liefen alle Befunde etwa von Fachärzten und sonstigen Leistungserbringern beim Hausarzt zusammen. Dieser habe damit einen "gesicherten Überblick" über den Krankheitszustand der Patienten und der gesamten Therapie einschließlich der verschriebenen Medikamente.

Am 25-06-2004

Patienten sollen Behandlung im Voraus ablehnen können

Vorsorge-Erklärung

Patientenverfügungen sollen nach einer Empfehlung des Nationalen Ethikrates am Donnerstag künftig für Ärzte und Pflegepersonal rechtlich verbindlich sein. Mit einer solchen Verfügung kann ein Mensch im voraus festlegen, unter welchen bestimmten Bedingungen er nicht mehr behandelt werden will, auch wenn er dann selbst nicht mehr in der Lage ist, dies mitzuteilen. Der Nationale Ethikrat betonte am Donnerstag, den Grundrechtscharakter solch einer Vorsorge. Allerdings dürfe dabei das Verbot der aktiven Sterbehilfe nicht infrage gestellt werden, sagte der Ethikrats-Vorsitzende Spiros Simitis. Der Sozialverband Deutschland und die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) begrüßten die Empfehlungen des Gremiums. Nach Ansicht des Ethikrates soll der Wille eines Patienten auch dann befolgt werden, wenn seine Krankheit nicht zwingend zum Tode führt. Die Mitglieder seien mehrheitlich der Auffassung, dass Ärzte und Pflegepersonal nur dann nicht an eine Patientenverfügung gebunden sein sollen, wenn "Anzeichen von Lebenswillen" festzustellen seien. Die Ausnahme soll nicht gelten, wenn diese Anzeichen bereits in der Verfügung als "entscheidungsunerheblich" ausgeschlossen wird. Der Patientenwille müsse zudem "in Schriftform oder einer vergleichbar verlässlichen Dokumentation" wie etwa in einer Videoaufnahme vorliegen.

Zugleich hält der Ethikrat eine Ergänzung im Strafrecht "für wünschenswert", um für das medizinische Personal "größere Rechtssicherheit" zu erzielen". Der stellvertretende Ethikrats-Vorsitzende Eckhard Nagel betonte, dass mit einer Patientenverfügung "nicht alle rechtlichen Probleme zweifelsfrei" ausgeschlossen werden könnten. "Bei einer nicht vorhandenen Patientenverfügung muss aus ärztlicher Sicht immer die Devise 'im Zweifel für das Leben' gelten", so Nagel.

Er bezeichnete in diesem Zusammenhang Schätzungen, wonach sieben Millionen Patientenverfügungen in Deutschland existierten, als "viel zu hoch". Unter 100 Patienten seien durchschnittlich "vielleicht zwei bis drei", die eine Verfügung erstellt hätten.

Abweichend von der Position des Ethikrates forderte der Sozialverband Deutschland (SoVD) eine regelmäßige Erneuerung der Patientenverfügung: Diese sollte "nicht älter als zwei Jahre sein", betonte SoVD-Präsident Adolf Bauer. Auch solle es "bei der jetzigen Regelung bleiben, wonach vor dem Unterlassen lebenserhaltender Maßnahmen das Vormundschaftsgericht einzuschalten ist", so Bauer. Grundsätzlich befürworte der Sozialverband, dass die "gegenwärtige Rechtsunsicherheit bei der Anerkennung von Patientenverfügungen" beendet werden müsse.

Die DGHS stellte sich ebenfalls hinter die Position des Ethikrates und kritisierte zugleich die Bundestags-Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", welche "das Prinzip des Lebensschutzes über das Selbstbestimmungsrecht der Betroffen stellen" wolle, so DGHS-Präsident Karlheinz Wichmann. Die Enquete-Kommission hatte gefordert, dass die Patientenverfügung nur bei unausweichlich tödlich verlaufender Krankheit gelten solle.

Die Stellungnahme des Ethikrates zur Patientenverfügung soll als Grundlage für eine Entscheidung des Bundestages im Herbst dienen. Wegen der angestrebten Neuwahlen im September ist eine parlamentarische Entscheidung in dieser Frage allerdings wieder unsicher geworden.

Am 02-06-2005

Experte sieht schwere Sicherheitsprobleme bei elektronischer Patientenakte

Privatsphäre

Das aktuelle Konzept der elektronischen Patientenakte gefährdet nach Ansicht von Sicherheitsexperten die Privatsphäre der Versicherten in Deutschland. Die elektronische Patientenakte soll alle den Krankheits- und Behandlungsverlauf eines Patienten betreffenden Daten speichern. Krankenkassen oder Lebensversicherer könnten die Daten benutzen, um Gesundheitsrisiken aus der Versicherung auszuschließen, so das Ergebnis von Untersuchungen des TT-Sicherheitsberaters Thomas Maus. Banken könnten Kreditausfallrisiken entsprechend der Lebenserwartung der Kreditnehmer berechnen und Arbeitgeber die Einstellung von Mitarbeitern von erblichen Veranlagungen für Krankheiten abhängig machen. Die Free Software Foundation forderte angesichts der Mängel, das Konzept der elektronischen Patientenakte komplett neu zu entwerfen. "Die sichererheitstechnischen Mängel scheinen so erheblich zu sein, dass eine einfache Korrektur nicht möglich ist", kommentierte der Leiter der Deutschen Sektion der Free Software Foundation Europe Bernhard Reiter. Statt dessen müsse ein völliger Neuentwurf her. "Hier geht es um die Daten von Millionen Versicherten", erinnerte Reiter. "Jedes Sicherheitsproblem beeinträchtigt das Vertrauensverhältnis zum Arzt und kann das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen."

Den Wert der Patientendaten schätzt Sicherheitsberater Maus auf "mindestens 12 Milliarden Euro - Da halte ich es für wahrscheinlich, daß sich einer unter den vielen Tausend Beschäftigen des Gesundheitssystems befindet, der sich einen einträglichen 'Nebenerwerb' verschaffen wird." Maus stellte seine Ergebnisse auf dem "22C3 Chaos Communication Congress" des Chaos Computer Clubs in Berlin vor. Er hatte bereits im Vorjahr Schwächen eines von mehreren Modellprojekten kritisiert. Derzeit legt er den Schwerpunkt seiner Arbeit auf datenschutztechnische Schwächen der Gesamtarchitektur.

"Bereits damals hat man versucht, ihn mit Schadenersatzdrohungen mundtot zu machen" heißt es in einer Pressemitteilung der Free Software Foundation (FSFE). Das aber sei offenbar nicht gelungen, "und das, obwohl sich sachkundige Mitarbeiter des Systementwicklers seine Vorträge angehört hatten - offensichtlich stimmen seine Analysen", so die Schlußfolgerung der Organisation.

Seine Gegner hätten daraufhin die Strategie geändert, so FSFE-Repräsentant Reiter: "Wir wissen aus internen Unterlagen des Systementwicklers, dass darüber nachgedacht wurde, Herrn Maus wegen 'reverse engineering' zu verklagen." Reiter erhebt schwere Vorwürfe gegen den Systementwickler: "Die Systementwickler nehmen den Datenmissbrauch wissentlich in Kauf und versuchen - mit Hilfe des Urheberrechts - eine Überprüfung des Sicherheitskonzepts zu verhindern." Dadurch werde die Gefahr deutlich, die Softwarepatente und die Verschärfung des Urheberrechts für die Gesellschaft darstellten. Würde dagegen bei öffentlichen IT-Großprojekten freie Software eingesetzt, hätten Sicherheitsexperten weniger Schwierigkeiten bei ihrer Arbeit und eine öffentliche Debatte wäre unproblematischer anzustoßen.

Am 04-01-2006

Ärztepräsident Hoppe fordert einheitlichen Gebührenrahmen für alle Patienten

Zwei-Klassen-Medizin

Angesichts der unterschiedlichen Wartezeiten von Kassen- und Privatpatienten bei Fachärzten beklagt auch der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, eine Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland. Dieser Zustand müsse unbedingt überwunden werden, mahnte Hoppe. Dies sei aber nur möglich, indem man die Situation der gesetzlich Versicherten verbessere, und nicht etwa durch eine Verschlechterung bei den Privatpatienten. Der Präsident der Ärztekammer Hamburg, Frank Ulrich Montgomery, sagte, für einen Kassenpatienten bekomme der Arzt "eine pauschale Summe, die hinten und vorne nicht reicht". Daher müsse er mit Privatpatienten seine Praxis quer finanzieren.

Hoppe führte die unterschiedlichen Wartezeiten darauf zurück, dass privat Krankenversicherte im Gegensatz zu Kassenpatienten nicht durch Budgets eingeschränkt seien. Planbare Eingriffe, für die im GKV-Bereich nur ein begrenztes Budget zur Verfügung stehe, müssten im Laufe eines Quartals so verteilt werden, dass alle gesetzlich Krankenversicherte berücksichtigt werden. Bei zu vielen Anmeldungen müssten Betroffene dann "in das nächste Quartal weitergeschoben werden", sofern es sich nicht um einen Notfall handele.

Auch die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel (SPD), machte sich für einen einheitlichen Gebührenrahmen für alle Versicherten stark. Dies wäre "die gerechteste Lösung", sagte sie im WDR-2-"Morgenmagazin". Zugleich plädierte sie dafür, die Trennung zwischen gesetzlichen und privaten Versicherungen aufzuheben. Es sei nicht einzusehen, "warum die vielen Lohnabhängigen das System mit ihren Beiträgen zu schultern haben, und eine kleine Gruppe von Versicherten lebt in einer Welt, wo es keine Risiken oder deutlich weniger Risiken gibt", kritisierte sie.

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Marion Caspers-Merk (SPD), hat die Krankenkassen aufgefordert, Konsequenzen zu ziehen. "90 Prozent der Bevölkerung sind gesetzlich versichert und sie finanzieren den Löwenanteil des Systems. Es ist nicht in Ordnung, wenn sie wie Bittsteller behandelt werden", sagte sie der "Passauer Neuen Presse".

Einige Kassen würden in Hausarztverträge bereits Klauseln einbauen, dass die Wartezeit beim Arzt unter 30 Minuten liegen solle. In diese Richtung sollten die Kassen verstärkt tätig werden.

Am 02-04-2008

Patientenzahlen realistisch, rund 80 Patienten durch Pfefferspray

Pressemitteilung: Stellungnahme zum Vorwurf erfundener Patientenzahlen (Bildungsplanproteste)

Stuttgart, den 1. März 2016, Hiermit nimmt die Sanitätsgruppe Süd-West Stellung zu dem Vorwurf von Herrn Peterson, Pressesprecher der Polizei, "aus der Luft gegriffene" Patientenzahlen nach den Bildungsplanprotesten am Wochenende veröffentlicht zu haben. Lena Schmidt, Pressesprecherin der Sanitätsgruppe Süd-West kommentiert die Aussage: "Die Zahlen sind von unseren Einsatzkräften zusammengesammelt, die jeweils für sich ihre Behandlungen dokumentiert haben. Wenn die Polizei über Minuten immer wieder Pfefferspray in eine Menschenmenge sprüht und im Anschluss davon ausgeht dabei niemanden geschädigt zu haben, dann ist das im besten Fall realitätsfern, im schlimmsten Fall eine bewusste Fehlinformation. Dabei sollte man auch nicht vergessen, welches enorme Gefahrenpotential von diesem Kampfstoff ausgeht, der von der Polizei immer wieder so exzessiv benutzt wird. Auch am Wochenende mussten wir einen Patienten mit Krampfanfall nach Pfeffersprayeinwirkung behandeln."

Insgesamt versorgte die Sanitätsgruppe Süd-West als Sanitätsdienst der Gegenproteste im Einsatzzeitraum ab 12:30 Uhr, dem Beginn der Gegenproteste, 107 Patienten. Darunter waren alleine 81 Betroffene des großzügigen Pfeffersprayeinsatzes der Polizei, von denen einer einen Krampfanfall erlitt. Es wurden 16 Kopfplatzwunden versorgt. 2 Patienten wurden mit Verdacht auf eine Extremitätenfraktur behandelt. 4 Patienten erlitten vermutlich eine Gehirnerschütterung.4 weitere Patienten wurden mit kleineren chirurgischen Wunden versorgt. Von den aufgeführten Patienten mussten 17 im Krankenhaus weiter behandelt werden. Einige davon wurden an den öffentlichen Rettungsdienst übergeben, andere v.a. mit nähbedürftigen Kopfplatzwunden zusammen mit Freunden selbstständig in die Klinik geschickt. Ein am Einsatz beteiligter Rettungsassistent erklärt dazu: "Die hohe Diskrepanz zu Zahlen des öffentlichen Rettungsdienstes erklärt sich vor allem aus den Standorten. In der Regel sieht der öffentliche Rettungsdienst die vielen Verletzten durch Pfeffersprayeinwirkung gar nicht, da er außerhalb des durch die Polizei festgelegten Gefahrenbereichs bleibt und damit fernab der Patienten. Kommt es nicht zu allergischen Reaktionen, Krampfanfällen oder ähnlichem, so besteht die Behandlung im Wesentlichen aus der Spühlung der Augen, die durch uns oder in Eigenregie vor Ort durchgeführt wird."

Am 02-03-2016

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